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Fünf Zimmer auf 115 Quadratmetern und das für eine Kaltmiete von gut 1000 Euro – in Potsdam eine Seltenheit. Dementsprechend groß war der Andrang.

© Andreas Klaer

Wohnen in Potsdam: Fünf Zimmer, Küche, Bad

Vor allem große Wohnungen für Familien sind in Potsdam offenbar selten. In Potsdam-West rief ein Vermieter zur Sammelbesichtigung auf. Unsere Autorin war dabei und berichtet von der Wohnungsbesichtigung mit 40 anderen Interessierten.

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Potsdam - Es ist ein lauer Sommerabend in der Brandenburger Vorstadt. Kinderlachen erklingt vom Spielplatz an der Ecke Meistersingerstraße/Nansenstraße. Auch kurz vor 18 Uhr buddeln hier noch viele Kinder im Sand und klettern auf den Gerüsten. Nur wenige Meter weiter bildet sich eine Menschentraube vor einem Wohnhaus. Der Grund: Eine Wohnung in dem Altbau wird im September frei. Heute ist Besichtigungstermin. Angekündigt wurde er über eine Immobilienseite im Internet – als „Sammelbesichtigung“.

"So ein Andrang wegen einer Wohnung"

Es sind fast ausschließlich Familien mit Kindern, die sich einfinden. Man begrüßt sich, kennt sich untereinander. Kurz vor dem genannten Termin sind es bereits etwa 40 Menschen. Die Verwalterin erscheint und bittet in den Hausflur. Es sind so viele Besichtigungswillige, dass sie zunächst nur die erste Hälfte in die Wohnung im zweiten Stock hineinlässt. Die andere Hälfte wartet im Treppenhaus. „So ein Andrang wegen einer Wohnung“, sagt eine ältere Frau, die gerade die Treppe hinunterkommt, kopfschüttelnd. „Ach du Scheiße“, rutscht es einer Nachzüglerin, die zur Besichtigung möchte, heraus, als sie die Wartenden im sieht. Sie macht gleich wieder kehrt.

Eine Frau, die vor dem Bauch ein Baby im Tragesack wiegt, erzählt, dass sie bereits seit zwei Jahren nach einer neuen Wohnung sucht, seit sechs Monaten intensiv. „Wir sind mittlerweile zu dritt in einer Dreiraumwohnung, langsam wird es eng“, sagt sie. „Im Freundeskreis sieht es ähnlich aus, es suchen viele nach größeren Wohnungen“, ergänzt ihr Mann. Doch gerade bei diesen sehe es schlecht aus: „Ab vier Räumen wird es schwierig.“ In einen anderen Stadtteil wollen die beiden nicht ziehen. Sie fühlen sich wohl im Kiez, haben Schule und Kita in der Nähe.

Die Wohnung, um die es heute geht, liegt in einer ruhigen Straße, besitzt fünf Zimmer auf 115 Quadratmetern, einen Balkon und einen kleinen Hinterhof mit Sandkasten – perfekt für Familien. Die Kaltmiete beträgt gut 1000 Euro. „Unter zehn Euro pro Quadratmeter findet man kaum etwas“, sagt eine Mutter.

"Die Wohnung wird sehr schnell weg sein"

Inzwischen kommen die ersten Interessenten die Treppe wieder herab. In ihren Händen halten sie ein Formular und eine Visitenkarte. Im zweiten Stock steht die Wohnungstür weit offen, davor sammeln sich die Schuhe der Besucher. In der Wohnung steht der Mieter, der noch bis zum September hier wohnen wird. Er beantwortet freundlich Fragen und wirkt trotzdem etwas angespannt. Es gibt Schöneres an einem warmen Juniabend, als fremde Besucher durch die eigene Privatsphäre zu führen. Auf dem Balkon ist es ruhig, gerade ist das Glockengeläut der nahen Erlöserkirche verklungen. „Ist das jede Stunde so? Das wird ihr nicht gefallen“, befürchtet eine Besucherin. Es ist eine der wenigen Älteren, die ohne Kinder hier ist. Doch sie und ihr Mann sehen sich die Wohnung für ihre Tochter an, die ebenfalls Familie hat. Auf der Treppe im Hausflur sitzt ein Vater von zwei Kindern und füllt das Bewerberformular aus. Er hat sich die Wohnung bereits angesehen und offenbar gefällt sie ihm. Neben dem Geburtsdatum und der Staatsangehörigkeit soll er auch Angaben über seine Arbeitssituation machen. Wie ist die Anschrift des Arbeitgebers, seit wann ist er dort beschäftigt, wie viel verdient er? Spielt er Musikinstrumente? Gibt es Haustiere? Und wie hoch war seine Mietbelastung? Außerdem soll er Bescheinigungen über die letzten drei Gehälter und die Mietschuldenfreiheit sowie eine Schufa-Auskunft beifügen. Seine Frau steht neben ihm und erklärt, sie müssten aus ihrer alten Wohnung ausziehen, weil diese verkauft werde. Angesehen hätten sie sich bisher kaum Wohnungen. „Es gibt ja keine“, sagt sie. Und fügt noch hinzu: „Zumindest keine bezahlbaren.“

Die Verwalterin ist von dem Andrang nicht überrascht. „Warten Sie nicht zu lange“, rät sie den Interessenten, die sich einen Bewerbungsbogen mitnehmen. „Die Wohnung wird sehr schnell weg sein.“ Nur fünf Tage lang hatte sie das Angebot veröffentlicht. Mit Absicht. „Wenn ich noch länger im Internet inseriert hätte, wäre ich überrannt worden.“ Es gebe in Potsdam-West kaum freie große Wohnungen, bestätigt auch sie.

In der Mappe der Verwalterin sammeln sich schon die ersten Bewerbungen. Drei bis vier Bewerber wird sie auswählen und dem Eigentümer vorstellen, der sich dann für einen entscheidet. „Die Mieter müssen in die Hausgemeinschaft passen“, erklärt sie. In diesem Fall bedeutet das einen Vorteil für Familien, denn es wohnen bereits zahlreiche Kinder hier.

Heike Kampe

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