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SERIE: „Fünfzehnmal effektiver als Ölpflanzen“ Mein Szenario

Horst Franke vom Rehbrücker IGV über Algen, die sich von CO2 ernähren und dabei Öl produzieren

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In Potsdam beschäftigen sich zahlreiche Forscher mit dem Klimawandel und seinen Folgen. Sie arbeiten am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), aber auch bei den Geoforschern, den Polarforschern, den Agrarforschern oder an den Hochschulen. Die PNN stellen die Forscher mit ihren aktuellen Erkenntnissen, ihren Prognosen und auch Ratschlägen vor. Heute: Horst Franke, Chemiker am Institut für Getreideverarbeitung GmbH in Bergholz-Rehbrücke

Herr Franke, was hat die Getreideverarbeitung mit dem Klimaschutz zu tun?

In herkömmlicher Weise sicher wenig. Auf dem Gebiet unserer Algenforschung schon sehr viel mehr. Die Mikroorganismen sind zwar kein Getreide, aber ein nachwachsender Rohstoff wie zum Beispiel Roggen, auf deren technische Verwertung unser Institut spezialisiert ist. Wir haben Photobioreaktoren entwickelt, mit denen wir im großen Maßstab Mikroalgen kultivieren können. Bekanntlich benötigen Algen für ihr Wachstum Kohlendioxid und setzen bei der Photosynthese Sauerstoff frei. So tragen sie zum Klimaschutz bei.

Wie aber bringen Sie das CO2 aus den klimaschädlichen Abgasen zu den Algen?

Indem wir künftig unsere Anlagen in unmittelbarer Nähe von Kraftwerken und Industriestandorten platzieren und deren Abgase direkt in die Photobioreaktoren leiten. Die funktionieren dann wie Kläranlagen, an deren Ende saubere Luft herauskommt. Auch Schwermetalle und andere Schadstoffe werden dabei herausgefiltert.

Und was machen Sie mit den vielen Algen, die dabei produziert werden?

Die bilden wertvolle Biomasse, aus der Biokraftstoff hergestellt werden kann. Mikroalgen haben das Potenzial fünfzehnmal mehr Öl pro Hektar zu produzieren als die bislang effizienteste Ölpflanze, die Palme. Bei entsprechend großen Anlagen lassen sich wirtschaftliche Größenordnungen erzielen.

Wann wird das soweit sein?

Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Pilotanlage mit ganz neuen Dimensionen. Anfang des Jahres hat unser Institut eine strategische Allianz mit dem amerikanischen Biotech-Unternehmen Greenfuel Technologies Corporation geschlossen. Wir bringen unsere Erfahrungen mit dem Bau von Photobioreaktoren und der Kultivierung der Algen ein, die Amerikaner das Know-how für die Herstellung von Biokraftstoff. In den nächsten drei bis fünf Jahren könnte die erste industrielle Anlage die Produktion aufnehmen. Die Nachfrage nach CO2-vermeidenden Technologien und alternativen Kraftstoffen ist groß. Unter dem gegenwärtigen politischen Druck sind auch die wirtschaftlichen Anreize für die Industrie größer. Das war nicht immer so.

Inwiefern?

Ende der neunziger Jahre waren wir in einem gemeinsamen Projekt mit der Preussag AG schon einmal sehr weit gekommen. Doch obwohl das Problem des Klimawandels und die Suche nach alternativen Energiequellen damals genauso brisant waren wie heute, scheiterte die Sache an den fehlenden politischen Rahmenbedingungen. Die Industrie wurde einfach nicht genügend gefordert, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Bei aller Enttäuschung haben wir aber für die Forschung wichtige Erfahrungen sammeln können, die uns jetzt, da weltweit auf dem Gebiet gearbeitet wird, einen Wissensvorsprung geben.

Wie sind Sie eigentlich auf die Algen gekommen?

In den 80er Jahren sollten wir aus Algen stabile Eiweißschäume für Schokoküsse entwickeln. Auch für die Herstellung von Farben sollten Algen genutzt werden. Biotechnologie war ja in den letzten Jahren der DDR eine der Schlüsseltechnologien. Als wir 1987 den ersten Photobioreaktor bauten, wurde uns schnell klar, welches Potenzial die Algen für den Umweltschutz entfalten können.

Was ist neben der Entwicklung solch umweltfreundlicher Technologien ihrer Meinung nach dringend nötig, um den CO2-Ausstoß sofort zu reduzieren?

Die Staatengemeinschaft müsste sich möglichst schnell über globale Maßnahmen und Wege einigen. Dies setzt allerdings voraus, sich die eigene Schuld einzugestehen und begangene Fehler einzusehen. Das ist oft das schwierigste.

Was halten Sie von der Idee CO2 unter der Erde zu entsorgen?

Das ist ein Lösungsansatz deren Anwendungsfähigkeit überprüft werden muss. Das Problem der Beseitigung des CO2 wird damit aber nur zeitlich verschoben.

Das Gespräch führte Antje Horn-Conrad

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