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Spiele-Autorin aus Potsdam: Fuß fassen in der Welt des Spiels

Die Potsdamer Geowissenschaftlerin Sophia Wagner hat vom Verein "Spiel des Jahres" in Göttingen das Stipendium für Spieleautoren bekommen.

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Potsdam - Das Probejahr läuft bestens. Bis Oktober hat Sophia Wagner sich selbst eine Frist gesetzt, um zu testen, wie erfolgreich sie als Spieleautorin ist. Bereits jetzt kann die 30-Jährige strahlend feststellen: „Besser könnte es nicht laufen.“ Am Sonntag hat der Verein „Spiel des Jahres“ sie mit vier weiteren Nachwuchsautoren sowie bereits erfolgreichen Autorinnen beim 34. Göttinger Spielautoren-Treffen für den Kritikerpreis nominiert. Sie stellte zwei Entwürfe vor – und landete auf Platz eins. Die Jury „war besonders von der Intensität überzeugt, mit der Wagner ihre Spielentwicklungen angeht“, begründet der Verein die Entscheidung: Sophia Wagner habe sich dem Spiel verschrieben. „Sie arbeite vor einem fundierten theoretischen Hintergrund, zeige viel Kreativität und entwickle pfiffige Ideen.“ Spiele zu entwickeln, sei ihre Leidenschaft, erklärt die Preisträgerin überzeugend. „Ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn ich nicht nominiert worden wäre.“

Mit dem Preis verbunden ist ein Stipendium, ein Sprungbrett in die Welt des Spiels, deren Verlage und Fachhandel die Nachwuchsautoren besser kennenlernen sollen. 3000 Euro gibt es dafür und jeweils eine Woche Zeit, um vier verschiedene Stationen zu durchlaufen. Beim Ravensburger Verlag erhofft sich die Geowissenschaftlerin, die im vergangenen Herbst ihr Masterstudium an der Uni Potsdam abgeschlossen hat, einen Einblick, „nach welchen Kriterien der Verlag neue Spiele auswählt“. Danach kann sie in einem Göttinger Spielefachhandel ein Gespür dafür entwickeln, „wonach die Kunden suchen“. Anschließend geht es für eine Woche ins Chemnitzer Spielemuseum, und beim letzten „Mini-Praktikum“ begleitet sie den erfahrenen Spieleautor Jens-Peter Schliemann bei einem Spiel-Erfinder-Seminar an der Fachhochschule Köln.

Mischung aus Fantasy und Wilder Westen

Besonders freut Sophia Wagner, dass die Verlage nach der Preisverleihung reges Interesse für ihre Spiel-Entwürfe zeigten. Ein Hamburger Unternehmen habe den Prototyp von „Goblin Gold Rush“ mitgenommen, um ihn zu testen. Bei dem Spiel ziehen Gnome auf einem Wagen durch den Wilden Westen, kämpfen gegeneinander und gegen die Widrigkeiten ihrer Umwelt. „Hier prallen zwei Welten aufeinander: Fantasy und Wilder Westen“, erzählt Wagner. „Das Spiel ist sehr thematisch, chaotisch und interaktiv.“ Der Verlag habe es bereits überarbeitet und ihr einige Änderungsideen übermittelt. „Das bedeutet noch keine Zusage“, zögert die gebürtige Schwäbin, die während der Schulzeit nach Berlin-Friedrichshain und erst während des Studiums nach Potsdam zog. „Aber ich freue mich schon riesig, dass er es nicht gleich abgelehnt hat.“

Ihre Begeisterung für Spiele reicht weit zurück. Als Kind habe sie mit ihrer Familie und Freunden nicht nur Monopoly und Scotland Yard gespielt. „Auf dem Boden meines Zimmers habe ich mir ganze Welten selbst gebaut.“ Zwischen den Pappbechern und Papieren schufen die kleinen Figuren aus den Überraschungseiern eigene Geschichten. „Tagelang haben wir uns damit beschäftigt.“

Nach einer langen Spielpause fand sie durch sogenannte Pen-and-Paper-Spiele, bei denen ein Erzähler durch eine Geschichte führt und die Zuhörer die verschiedenen Charaktere spielen, während des Studiums zurück zu dem, was sie begeistert: „Ich finde es faszinierend, dass sich Menschen allein durch Fantasie in einer gemeinsamen Welt befinden.“ Die Zeit an der Uni sei „sehr theoretisch und wissenschaftlich gewesen“, verrät sie: „Mir hat die Kreativität gefehlt, etwas in die Hand nehmen und basteln, kommunikativ mit anderen am Tisch sitzen und zu erleben, wie sie beim Spiel plötzlich fluchen. Oder konzentriert ein Problem lösen.“

Prototyp durchläuft 1000 Metamorphosen

Vor vier Jahren fing sie an, „Apocalypse Daemonicus“ zu entwickeln. Sie packt den Prototyp auf den Tisch, den sie auch für das Autoren-Stipendium vorgelegt hat: Zwei kleine Magier, eine Frau mit langen Haaren und rotem Gewand und eine schwarz gekleidete, beide aus Fimo, kämpfen auf den Feldern drehbarer Ringe gegen den Dämon in ihrer Mitte. „Das Spiel musste 1000 Metamorphosen durchlaufen, bis es nicht mehr so komplex war“, erzählt die junge Frau. Seit zwei Jahren trifft sie regelmäßig bei einem Stammtisch andere Spieleautoren, sowohl Anfänger als auch Routinierte: „Die haben mich beraten.“

Nun versucht Sophia Wagner, mit ihren vier Entwürfen – darunter das witzige „Affenrennen“ für Familien – in der Welt des Spiels Fuß zu fassen. Nach den Praktika wartet im Oktober noch die große Spielemesse in Essen – mit potenziellen Auftraggebern. „Es wäre mein Traum, das zu schaffen.“ Danach ist das Testjahr vorbei: „Dann bin ich an einem Punkt, wo ich mich entscheiden muss.“ Allerdings ahnt sie jetzt schon: „Ich kann doch nie wieder aufhören.“

Isabel Fannrich-Lautenschläger

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