Links und rechts der Langen Brücke: Ganz oder gar nicht
Guido Berg findet, dass aus halben Sachen nichts Ganzes wird. Es sollte ein Bad von der Stange in Drewitz oder ein Niemeyer-Bad am Brauhausberg sein
Stand:
Kompromisse sind in Demokratien nichts Negatives: Konfrontierende Interessen finden ohne Köpfe-Einschlagen einen Ausgleich. Der eine sagt schwarz, der andere weiß, was am Ende dabei rauskommt – ist grau. Wie gesagt, das geht in Ordnung. Doch müssen deshalb auch unsere Bauwerke so aussehen – grau? In der Diskussion um das von Oscar Niemeyer kompromisslos schön entworfene Freizeitbad am Brauhausberg kündigt sich ein Kompromiss an. Der Entwurf letzter Hand würde 38,5 Millionen Euro kosten, der Landeswirtschaftsminister, dem das zu teuer ist, fordert eine „neue, solide Grundlage“. Eine Absenkung auf 30 Millionen Euro ist im Gespräch, etwa, in dem die Niemeyer-Kuppeln an die bestehende Schwimmhalle aus DDR-Zeiten angepappt werden. Vielleicht wird aber eine noch schlechtere „solide Grundlage“ gefunden. Puristen und Ästheten sollten sich Sorgen machen. Darum hier ein paar Grundsätze in die Stammbücher der Entscheider: Entscheidet euch, aber richtig. Wer sagt, Niemeyer ist zu teuer, was wir brauchen, ist ein Bad für die Leute von hier, dem sei gesagt: Das ist ehrenwertes Denken. Doch dann muss aus A auch B werden. Ein Bad von der Stange für die Leute von hier gehört nicht an den Brauhausberg. Es gehört auf die Brache in Drewitz, dahin, wo die Leute von hier wohnen, in Drewitz, Am Stern, im Kirchsteigfeld. Es wäre fatal, wenn sich 90 Prozent der Potsdamer erst auf die Räder begeben müssten, um ihr Spaßbad zu erreichen. Zudem – und das ist erfreulicherweise Konsens – sollte die Architektur in Potsdams Mitte über das Durchschnittsmaß hinausgehen.
Wer aber sagt, „Think Big“, es muss großartig sein, es muss Oscar Niemeyer sein und das darf kosten – auch der denkt nicht verkehrt. Die deutsche Hauptstadt-Region steht im Wettbewerb mit Hamburg, Paris, Mailand und London – und nicht mit Templin oder Brandenburg (Havel). Potsdam ist einer der attraktivsten Standorte in dieser Region. Das Land Brandenburg freilich ist bei Großprojekten ein gebranntes Kind. Daher besteht nun die Gefahr, vor lauter Angst, die Latte zu reißen, lieber gleich unter ihr durch zu springen. Deshalb hier die Position: Baut ein einfaches Bad in Drewitz oder ein legendäres am Brauhausberg.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: