Landeshauptstadt: Garnisonkirche soll Gedenkstätte werden
Diskussion um Weiterentwicklung des Nutzungskonzepts / Vorschlag: Baubeginn am 21. März 2008
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Innenstadt – Die Garnisonkirche soll nach ihrem Wiederaufbau nicht nur dem Gedanken der Versöhnung, sondern auch dem Gedenken dienen. Wie der Vorsitzende der Fördergemeinschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, Johann-Peter Bauer, den PNN sagte, gäbe es Überlegungen, den Turm der Kirche zu einer Gedenkstätte für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs zu gestalten.
Die Initiative gehe von einer Gruppe Potsdamer Bürger um den früheren Pfarrer Wilhelm Stinzing aus, sagte Bauer. Ausgangspunkt der Überlegungen sei der Wille, dass mit der wiederaufgebauten Barockkirche ein Zeichen der Versöhnung gesetzt werden solle. „Die Gedenkstätte soll konkreter Ausdruck dieses Versöhnungsgedankens sein“, so Bauer. Der 92-jährige Stinzing habe darauf hingewiesen, dass es in Deutschland – bis auf eine Tafel an der Alten Wache in Berlin – keine weitere Gedenkstätte für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs gäbe. In einem ersten Arbeitspapier für die Einrichtung der Gedenkstätte heißt es: „Es sind die Gefallenen aus unzähligen Nationen, die Opfer unter der Zivilbevölkerung, die Opfer unter den Juden, Sinti und Roma, aller in den Vernichtungslagern Verhungerten und Vergasten Wir sind der Meinung, dass die neuerstehende Garnisonkirche – selbst ein Opfer des Krieges – der rechte Ort für eine solche Gedenkstätte ist.“
Wie Bauer betonte, handele es sich bei dem Papier um erste Überlegungen, einen Anstoß zur Diskussion. Das Nutzungskonzept für die 1731 eingeweihte, im Zweiten Weltkrieg zerstörte und 1968 gesprengte Garnisonkirche – das den Wiederaufbau als Stadt- und Symbolkirche sowie als Internationales Versöhnungszentrum vorsieht – werde nicht verändert, „sondern manifestiert, ergänzt, weiterentwickelt“, sagte Bauer. Mit einer Gedenkstätte könne der Versöhnungsgedanke noch deutlicher auch optisch dargestellt werden. Dies solle auch ein Zeichen an diejenigen sein, die noch immer meinten, in der Breiten Straße entstehe ein Wallfahrtsort für rechtsgerichtete und revanchistische Kräfte.
Wie es in dem Papier heißt, wurde die Kirche für eine Garnison erbaut. Wenn sie wiedererbaut werden solle, müsse die Kirche aus ihrer Geschichte heraus eine „herausragende Funktion“ haben – durch das Gedenken an die Opfer der NS-Zeit, durch Versöhnung gegenüber der Vergangenheit und als Aufgabe der Gegenwart sowie durch Vermitteln von Hoffnung angesichts der Zukunftsängste der Menschen.
Der 21. März 1933, der so genannte „Tag von Potsdam“, als sich Hindenburg und Hitler vor der Kirche die Hand gaben, wird von den Initiatoren um Pfarrer Stinzing als „Einschnitt in die Geschichte der Garnisonkirche“ bezeichnet. Zwar seien dies nur zwei Stunden in der mehr als 200-jährigen Geschichte der Kirche gewesen, aber man dürfe diesen Tag, an dem Hitlers Doppelspiel als „Hoffnungsträger für die Deutschen“ sowie als Vorbereiter der Vernichtung von Millionen von Menschen und Kriegstreiber begann, nicht herunterspielen. Daher wird in dem Papier vorgeschlagen, am 21. März 2008, dem 75. Jahrestag des symbolträchtigen Auftritts von Hitler, mit dem Wiederaufbau der Garnisonkirche zu beginnen.
Wie Bauer betonte, müsse es im kommenden Jahr gelingen, die Stiftung für den Wiederaufbau der Kirche „endlich zu gründen“. Die Stiftung soll als Bauherr, Eigentümer und Betreiber des 65-Millionen–Baus fungieren, der aus Spendenmitteln errichtet werden soll.
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