
© Andreas Klaer
Potsdam: Garnisonkirche: Zweiter Anlauf für Bauantrag
Die feierliche Abgabe ist „ins Wasser gefallen“. Der Stiftungsvorstand bringt das Dokumente nun am Donnerstag ins Bauamt. Es gibt aber weiter Streit um die Kapelle.
Stand:
Innenstadt - Ohne kleine Possen ist in Potsdam große Geschichte offenbar nicht zu schreiben: Eigentlich sollte am Montagabend in der temporären Kapelle in der Breiten Straße der Bauantrag für den Garnisonkirchturm an den Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) übergeben werden. Doch Klipp kam nicht – „weil die Stadt nicht gern zum Bauherren kommt“, wie der Vorsitzende der Garnisonkirchen-Fördergesellschaft, Burkhart Franck, den PNN am Dienstag sagte. Der Baubeigeordnete habe sich den Bauantrag nicht abholen wollen. Die Stadt bestehe vielmehr „auf eine normale Prozedur“. Die soll nun am Donnerstag dieser Woche stattfinden.
An diesem Tag will der Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Peter Leinemann, den Bauantrag für das 40-Millionen-Euro-Projekt persönlich im Bauamt abgeben. Nach wie vor fehlt für den Wiederaufbau des 88,43 Meter hohen Turms, markantester Teil der einst prächtigsten Barockkirche nördlich der Alpen, Geld für einen Baubeginn.
Leinemann spricht von Koordinierungsproblemen und will aus der gescheiterten Bauantragsübergabe am Montag „kein großes Politikum“ machen. Auch Franck erklärte, dies müsse nicht unbedingt als „ein überhöhter Akt“ geschehen, etwa vergleichbar mit einer Grundsteinlegung. Eine persönliche Übergabe von Bauantragsunterlagen am Bauort wäre indes kein Novum: Erst im Dezember 2011 war Klipp persönlich in die Speicherstadt geeilt, um Investor Klaus Groth die Baugenehmigung auszuhändigen. Stadtsprecher Stefan Schulz teilte am Dienstag auf PNN-Anfrage mit: „Wir bedauern, dass die feierliche Übergabe des Bauantrags zur Garnisonkirche ins Wasser gefallen ist.“ Klipp habe aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen können. Er biete aber an, den Bauantrag zu einem baldmöglichen Zeitpunkt in der Bauverwaltung entgegenzunehmen.
Nach wie vor heiß umstritten ist indes der Inhalt des Bauantrags. Beantragt wird der Bau einer Kapelle im Kirchturm, die vom Architekturbüro Hilmer & Sattler und Albrecht (HSA) entworfen wurde. Unter den Mitgliedern der Fördergesellschaft wird der HSA-Entwurf jedoch mehrheitlich abgelehnt. Zunächst befürworteten einige Mitglieder – so die Sprecherin der Bürgerinitiative Mitteschön, Barbara Kuster – die Rekonstruktion einer provisorischen Turmkapelle, wie sie in den 1950er Jahren bestand, bevor der Turm 1968 auf SED-Geheiß gesprengt wurde. Da dieser Kreuzgang als zu klein und unpraktisch angesehen wird, befürworten die Kritiker des HSA-Entwurfes nun einen Alternativvorschlag des Potsdamer Architekten Christopher Kühn. „Damit bin ich versöhnt“, sagte Barbara Kuster am Dienstag. Sie befürchtet, dass der den HSA-Kapellenentwurf enthaltene Bauantrag Fakten schaffen soll, schließlich werde die Fördergesellschaft erst am 4. Dezember mit Mitgliedern des Kuratoriums über den Kühn-Entwurf diskutieren. Franck sagte, er habe die Zusage der Stiftung, dass der Bauantrag auch noch später zugunsten der Kapelle Kühns geändert werden könne. Franck: „Der Bauantrag ist keine Präjudizierung.“ Auch Stiftungsvorstand Leinemann versichert, bei Erkenntnisgewinn könne der Bauantrag noch geändert werden: „Vieles ist noch möglich.“
Unklar ist, was geschieht, falls das Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche auf die HSA-Kapelle besteht. Barbara Kuster spricht für diesen Fall ungehalten von „einer Revolution“, die die Fördergesellschaft dann machen werde. Ihr Vorsitzender Franck hält theoretisch eine Auflösung der Fördergesellschaft für möglich, glaubt und hofft aber, dass es nicht so weit kommen werde. Der Grund: Ohne die Fördergesellschaft wäre das Projekt Garnisonkirche „in einer üblen Situation“. Schließlich müssten bis zum anvisierten Baustart im kommenden Jahr allein für den Bau des Turmsockels und der beiden Seitenflügel etwa zwölf Millionen Euro an Spendengeldern eingeworben werden, was bei einem offen ausgetragenen Streit als fast unmöglich gelten dürfte. Franck zufolge stelle der achteckige, sehr hohe HSA-Entwurf einen „Bruch zur Architektur und Identität der Garnisonkirche“ dar.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: