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Landeshauptstadt: Gedenken für zwölf Euro

Zeitzeugen kritisieren Eintritt für Nikolaikirche

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Innenstadt - Zwölf Euro Eintritt für die Gedenkandacht zum 65. Jahrestag der Bombardierung Potsdams mit Oberbürgermeister Jann Jakobs? Einige Zeitzeugen des Luftangriffs am 14. April 1945 haben dies am Mittwoch entrüstet abgelehnt und vor der Nikolaikirche kehrt gemacht. Grund für die Eintrittsforderung war die Verbindung der Gedenkandacht mit der Aufführung des Mozart-Requiems. „Die Schwierigkeit der Kombination war uns bewusst“, erklärte gestern Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte den PNN.

Zu denen, die auf den Treppen der Nikolaikirche umkehrten, gehört die 73-jährige Babelsbergerin Hildburg Götze, die als Achtjährige mit ihrer Familie im Keller eines Hauses im Musikerviertel saß und die Detonationen spürend befürchtete, „wir sind auch gleich dran“. Die ehemalige Kinderkrankenschwester: „Ich weiß, wie Gasmasken schmecken.“ Dass sie für die Andacht das Portemonnaie zücken sollte, empfindet sie als „das Hinterletzte“. Das habe sie „bei der Firma Kirche noch nicht erlebt“. Zwölf Euro seien für die Rentnerin, die in einer Ein-Raum- Wohnung am Hubertusdamm wohnt, viel Geld. Allerdings sei ihr im Zuge der Diskussion mit dem Kartenverkäufer dann eine kostenlose Eintrittskarte angeboten worden, die sie ablehnte. Wenn in der Kirche ein Konzert stattfindet, hätte die Andacht auch an anderer Stelle stattfinden können, so Hildburg Götze, etwa am Stelenfeld auf dem Friedhof.

Pfarrer Schütte bezeichnete das Weggehen von Zeitzeugen als „besonders schmerzlich“ und bedauerte dies sehr. Um den „Spagat“ zwischen kostenpflichtigem Konzert und kostenfreier vorheriger Andacht wissend, habe es 100 Freikarten gegeben, die nur zu einem Drittel genutzt worden seien. Allerdings sei nicht mit Aufstellern dafür geworben worden, sonst hätte niemand die Karten gekauft, so Schütte. Nikolaikirchen-Geschäftsführer Joachim Uhlig zufolge war das Konzert mit 25 Musikern schon lange vorher geplant und die zunächst für einen anderen Ort vorgesehene Andacht „kurzfristig“ in die Nikolaikirche verlegt worden. gb

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