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Landeshauptstadt: Gedichte als Balsam für die Seele

„Literaturklub für Behinderte“ erhielt gestern 300 Euro Spenden vom Behindertenbeauftragten Kluge

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Innenstadt - „Fühle mich unwohl /Schreibe mein Befinden auf/Ist wie Medizin“ Diese Zeilen sind in der japanischen Gedichtform des Haiku geschrieben, durch die ein Gedanke in drei Versen mit insgesamt 17 Silben ausgedrückt wird. Sie stammen von Rolf Gutsche. Gutsche ist Mitglied im Potsdamer „Literaturklub für Behinderte“ und hat dort seine Mitstreiter für die fernöstliche Literaturform begeistert.

Der Literaturklub bekam gestern nun ein besonderes Geschenk – von einem der selbst beschenkt worden war: 300 Euro vom Landesbeauftragten für Belange behinderter Menschen, Rainer Kluge. Der hatte sich im September zum 40. Geburtstag von seinen 80 Gästen Spenden statt Blumen gewünscht. So kam die beeindruckende Summe zusammen, die er nun den glücklichen Literaten in Form eines Schecks überreichte. Der Literaturklub und seine Mitglieder seien ihm über die Jahre „ans Herz gewachsen“, denn dort werde „das Leben kritisch reflektiert“ und auch vor der Behandlung brisanter Themen wie beispielsweise dem Rechtsradikalismus nicht zurückgeschreckt. Literaturklub -Gründungsmitglied Walter Flegel zeigte sich indes „tief beeindruckt und tief berührt“ von Kluges Geste und versprach, ihn mit einem Gedicht zu würdigen.

Für den 42-jährigen Gutsche ist die Literatur der beste Weg, den Mitmenschen seine Gedanken und Gefühle mitzuteilen, denn er leidet unter einer schweren Sprachbehinderung und beim Zuhörer bedarf es oft großer Konzentration, seinen Worten zu folgen. Liest man jedoch von ihm verfasste Gedichte und Kurzgeschichten, so vermittelt sich deren Sinn sehr schnell und beeindruckend deutlich – dazu sind sie noch äußerst kunstvoll. Das Schreiben ist für ihn, wie er es eben auch in seinem Haiku ausdrückt, eine Art von „Medizin“.

Von dieser Medizin zehren derzeit etwa 20 Menschen mit und ohne körperliche Behinderung im Alter von 14 bis 80 Jahren, die sich im Rahmen des Literaturklubs alle 14 Tage im „Haus der Begegnung“ treffen, um ihre neuesten Werke vorzulesen. Begonnen habe man zu fünft, erinnert sich der freie Schriftsteller Flegel. Damals, vor knapp 15 Jahren. Zum halbrunden Jubiläum im kommenden April könnte dann sogar schon der fünfte Band der Anthologien erscheinen, die in immer kürzer werdenden Abständen veröffentlicht werden. Das nun erhaltene Geld solle in die nächste Publikation gesteckt werden, es müssten schließlich Layouter und Druckkosten bezahlt werden. Käuflich zu erwerben sind die vier bisher erschienenen Anthologien direkt beim Klub oder im Rahmen der Lesungen, die die Literaten gelegentlich rund um Potsdam und Berlin veranstalten.

Kaspar Heinrich

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