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Aus dem GERICHTSSAAL: Gefälschte Tickets per Internet

Gericht ging von gewerbsmäßigem Handeln aus / „Ein richtiges kleines kriminelles Gewerbe“ / Bewährung

Stand:

Für je 15 Euro erhielt Marcel M.* (26) von seinem Kumpan Stefan S.* gefälschte Monatsfahrkarten für den Tarifbereich Berlin ABC. Die Übergabe fand stets auf einem Parkplatz in Potsdam-West statt. Kurierfahrer Marcel M. bot die Tickets, die normalerweise 88,50 Euro kosten, bei Ebay zum Stückpreis zwischen 45 und 55 Euro an. Er ahnte, dass die Sache nicht koscher war. Doch das Kundeninteresse war groß, der erzielte Gewinn nicht zu verachten. Jetzt wurde der Potsdamer vom Schöffengericht wegen gewerbsmäßigen Betruges und Urkundenfälschung in 46 Fällen – begangen zwischen Juni 2009 und August 2010 – zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Sanktion wurde zu dreijähriger Bewährung ausgesetzt. Und Marcel M. muss 100 Stunden gemeinnützig arbeiten.

„Das war jugendlicher Leichtsinn, Neugier, ob es klappt. Ich habe mich spontan dazu entschlossen und nicht gefragt, wo Stefan die Karten her hat. Für mich sahen die echt aus“, räumte der Angeklagte zu Prozessbeginn ein. „Jetzt würde ich das Ganze gern rückgängig machen. Als die Polizei am 31. August 2008 meine Wohnung durchsuchte, war ich total geschockt. Mein Arbeitgeber hat mir danach gekündigt. Einige meiner Freunde sprechen nicht mehr mit mir.“

Marcel M. brachte auch dann noch Falsifikate unter die Leute, als eine seiner Kundinnen in der Bahn kontrolliert und des Betruges bezichtigt wurde. „Sie hat sich bei mir beschwert. Aber sie war die Einzige“, berichtete der junge Mann freimütig. „Ich hatte nicht vor, jemanden zu schädigen. Irgendwann hätte ich auch aufgehört.“

Stefan S. (26) – als Zeuge geladen – machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenfalls wegen Urkundenfälschung. Ein Termin für sein Verfahren steht noch nicht fest.

„Der gelbe Sicherheitsstreifen auf den gefälschten Fahrkarten war heller als beim Original“, erzählte Christoph C.* (27), ein Bekannter des Angeklagten. „Aber das habe ich erst gesehen, als ich die Karte mit der echten von meiner Freundin verglichen habe. Christoph C. kaufte die Tickets nicht im Internet, sondern direkt bei Marcel M. Er habe ihm gesagt, er kenne jemanden bei der S-Bahn, der ihm die Karten billiger überlassen würde. Einem anderen Käufer machte der Angeklagte weis, er habe die Fahrkarten von seiner Firma erhalten, da diese sie nicht mehr benötige.

„Sie haben ein richtiges kleines kriminelles Gewerbe betrieben“, gab die Schöffengerichtsvorsitzende zu bedenken. „Tagsüber gingen Sie Ihrer Arbeit nach, abends stellten Sie die Anzeigen ins Netz.“ Dann habe der Angeklagte nur noch warten und seinen Kontostand überprüfen müssen. „Das war nicht ohne, nur weil es so gut klappte.“ (*Namen geändert.) Hoga

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