Aus dem GERICHTSSAAL: Gefängnis für Räuber unter Drogen
Haftbefehl noch im Gerichtssaal verkündet
Stand:
Kurz vor der Urteilsverkündung der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts erließ die Staatsanwaltschaft am Donnerstag Haftbefehl gegen Steven S. (24). Der wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung Angeklagte wurde am 11. April – nach 13 Monaten, die er in anderer Sache abgesessen hatte – aus dem Gefängnis entlassen. Danach sollte er eine stationäre Drogentherapie absolvieren. Der Potsdamer rauchte mit 13 Jahren zum ersten Mal Haschisch, seit seinem 15. Lebensjahr konsumierte er täglich Speed. Doch Steven S. tauchte erst einmal unter. „Ich war bei meiner Mutter. Die hatte ich doch so lange nicht gesehen“, erzählte er. Wenigstens haben Sie sich dem Prozess gestellt“, erwiderte Kammervorsitzender Eckhard Steiner. „Es ist unverständlich, dass Sie aus der Haft entlassen wurden, obwohl Ihnen im aktuellen Fall eine hohe Freiheitsstrafe droht.“ Die Sanktion, die der Vorsitzende dann aussprach, hatte es in sich: Viereinhalb Jahre Gefängnis. In diese Entscheidung wurde ein unlängst gegen den Angeklagten verhängtes Urteil des Amtsgerichts wegen Betruges, Urkundenfälschung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Straßenverkehrsgefährdung, Nötigung und Widerstandes gegen Polizeibeamte einbezogen.
Die Tat, wegen der sich Steven S. jetzt vor Justitia verantworten musste, liegt reichlich eineinhalb Jahre zurück. Am 2. September 2010 soll er mit einem inzwischen verurteilten Mittäter als Schuldeneintreiber bei Marius M.* in dessen Wohnung am Schlaatz aufgetaucht sein. Als dieser beteuerte, mit den Verbindlichkeiten über 300 Euro nichts zu tun zu haben, soll Steven S. eine Pistole gezückt und das Opfer aufgefordert haben, ihm seinen Laptop, eine Playstation und ein iPhone auszuhändigen, was er auch tat. Der Komplize soll Marius M. einen Faustschlag auf die Nase versetzt und den Laptop anschließend verkauft haben.
„Mein Mandant räumt die Vorwürfe im Wesentlichen ein“, erklärte Rechtsanwalt Steffen Sauer. „Er stand unter dem Einfluss von Amphetaminen. Es tut ihm leid. Er will an seinem Drogenproblem arbeiten und ist bereit, 2000 Euro Entschädigung und Schmerzensgeld an Marius M. zu zahlen.“
„Wäre schön, wenn das klappt“, entgegnete Marius M. im Zeugenstand. Die vom Angeklagten ausgesprochene Entschuldigung vermochte er nicht recht anzunehmen. „Mein siebenjähriger Sohn hat die Aktion zum Teil miterlebt. Er redet heute noch darüber“, berichtete der junge Vater. Allerdings habe Steven S. ihn an besagtem Tag nach kurzer Zeit aufgefordert, mit ins Nebenzimmer zu kommen. „Dort hat er dann eine Pistole gezogen und gesagt, ich soll keinen Stress machen und an mein Kind denken.“ Dass es sich bei der Waffe um eine Schreckschusspistole handelte, habe er erkannt, sich dennoch äußerst unwohl gefühlt.
„Der Angeklagte ist vielfach vorbestraft. Er saß mehrmals in Haft. Zum Tatzeitpunkt stand er unter Bewährung“, so der Vorsitzende. Die Kammer gehe von einem minder schweren Fall aus.“ Steven S. könne durch die Drogen enthemmt gewesen sein. Es gäbe aber keinen Anlass, von einer erheblich verminderten Einsichts- und Steuerungsfähigkeit auszugehen. (*Name geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: