Landeshauptstadt: „Gegen den Vogelmord“
Manfred Pohl vom Nabu über die „Stunde der Wintervögel“ und Gefahren für Zugvögel
Stand:
Herr Pohl, zum vierten Mal gibt es derzeit die Aktion „Stunde der Wintervögel“. Worum geht es dabei?
Die Aktion findet in ganz Deutschland statt. Es geht darum, eine Stunde lang von jeder Vogelart die höchste beobachtete Anzahl an einem Ort zu notieren. Das kann man sogar vom Wohnzimmer aus machen.
Wie kann man mitmachen?
Die Formulare gibt es beim Nabu im Haus der Natur oder im Internet. Dort gibt es auch eine Anleitung, wie man die zehn häufigsten Arten erkennt.
Wen wollen Sie damit erreichen?
Hauptsächlich möchten wir Hobbyornithologen ansprechen und natürlich auch Kinder und Jugendliche an das Thema heranführen. Man soll die Freude an der Natur entdecken.
Interessieren sich denn die Potsdamer für die Ornithologie?
Unsere Fachgruppe beim Nabu hat 40 Mitglieder. Regelmäßig gibt es Treffen und Exkursionen. Ich werde bei meinen Beobachtungsgängen auch angesprochen und die Leute erzählen mir, welche Vögel sie in ihrem Garten regelmäßig sehen.
Wie geht es denn der heimischen Vogelwelt? Gibt es Veränderungen?
In diesem Jahr macht sich das milde Wetter bemerkbar. Wir hatten ja praktisch noch keinen Winter. Viele Zugvögel, die sonst bei uns überwintern, bleiben deshalb weg. Zum Beispiel der Seidenschwanz – der kommt sonst im Winter in Massen her und spart sich nun den Weg.
Welche Vogelarten gibt es jetzt zu sehen?
Im Neuen Garten kann man große Mengen Wacholderdrosseln und Rotdrosseln beobachten. Dort stehen viele Eiben, die noch Früchte tragen und den Tieren Nahrung bieten. Außerdem gibt es Amseln, Blaumeisen, Elstern, Buchfinken, Kleiber und Rotkehlchen zu sehen. Auch ein Specht kann hin und wieder dabei sein.
Welche Probleme gibt es?
Hier bei uns ist vor allem die sogenannte Vermaisung ein Problem – in Brandenburg gibt es große Monokulturen aus Mais oder Raps. Es wird viel Pestizid in der Landwirtschaft eingesetzt. Das schadet dem Lebensraum. Größere Sorgen mache ich mir aber um die Zugvögel.
Warum?
Auf der Flugroute der Zugvögel nach Afrika stehen in Ägypten riesige Fanganlagen mit Netzen auf 700 Kilometern Länge. Die Vögel werden an Spezialitätenrestaurants verkauft, darunter Neuntöter, Pirole, Wendehälse, Nachtigallen und der auf der Roten Liste stehende Steinschmätzer. Beim Vogelzug im Herbst sind dort etwa 140 Millionen Vögel gefangen worden. Im Dezember hat der Nabu deshalb 115 000 Unterschriften gegen diesen Vogelmord an den ägyptischen Botschafter übergeben.
Die Fragen stellte Marco Zschieck
Manfred Pohl, 60, leitet die Fachgruppe Ornithologie beim Nabu-Kreisverband Potsdam. Hauptberuflich arbeitet er bei der Deutschen Bahn. Pohl ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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