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Einkaufen in Potsdam: „Gegen die Hektik im Alltag“

Handelsverbandspräsidentin Karin Genrich spricht im Interview darüber, wodurch sich der Einzelhandel in Potsdam vom Online-Kauf unterscheidet - und was einen guten Verkäufer ausmacht.

Stand:

Frau Genrich, der inhabergeführte Einzelhandel hat es in einer teuren Stadt wie Potsdam nicht leicht. Was kann der einzelne Inhaber tun, damit der Laden läuft?

Das Ambiente ist wichtig. Wir unterscheiden uns vom Onlinehandel unter anderem durch eine kompetente Beratung und dadurch, dass man bei uns die Produkte sehen, anfassen und anprobieren kann, riechen und schmecken. Aber dazu braucht es diese gewisse Wohlfühlatmosphäre – und Zeit, um hier nach der Hektik im Alltag anzukommen, vielleicht bei einem Kaffee, einem Wasser.

Fühle ich mich als Kunde dann nicht zum Kauf verpflichtet?

Nein, das kann ich nicht erwarten. Er darf auch sagen, ich habe heute nichts gefunden, tschüss. Aber er sendet immer auch Signale und gibt mir Impulse, die ich aufnehmen und ernst nehmen muss. Dazu, was ihm gefällt, was er vermisst. Ein Inhaber sollte sich Gedanken machen, beispielsweise ob sein Sortiment noch passt. Wir sagen immer: Gehst du nicht mit der Zeit, dann gehst du mit der Zeit.

Was macht denn ein tolles Geschäft aus?

Wir sind mit tollen Geschäften in Potsdam, auch in kleinen Nebenstraßen, schon gut aufgestellt, aber manche haben noch Nachholbedarf. Es sind oft Kleinigkeiten, die viel ausmachen: Passende Beleuchtung, ein geputztes und ansprechendes Schaufenster, das ist schließlich die Visitenkarte des Ladens! Dann darf es keine Dreckecken geben, weder vor noch in dem Geschäft. Staub auf dem Glasregal und in Umkleiden, Fingerabdrücke am Tresen, das ist nicht einladend. Was dem Kunden hingegen positiv auffällt, sind beispielsweise mal frische Blumen oder etwas aus der Natur. Da gibt es ja manches, was nicht viel kostet, aber doch einen kleinen Unterschied macht.

Was macht einen perfekten Verkäufer aus?

Ein guter Verkäufer spürt, wann er gebraucht wird, seine Beratung gefragt ist, er bedrängt den Kunden nicht. Und er braucht Hingabe für seine Aufgabe und unheimlich viel Geduld, der Kunde hat ja eigentlich schon alles zu Hause. Vor allem müssen Sie den Menschen mögen. Wenn Sie nicht lächeln können, sollten Sie nicht hinterm Ladentisch stehen. Bedienen kommt eben von dienen.

Wo lernt man das, beispielsweise als Quereinsteiger?

Es gibt für Quereinsteiger Coachings. In jedem Fall sollte ich mir als Mitarbeiter oder Chef Gedanken über die Firmenphilosophie machen, mir Zeit nehmen, neue Mitarbeiter gut einzuarbeiten. Und es ist sehr hilfreich, ab und zu den Laden aus der Kundenperspektive zu betrachten.

Was wünschen Sie sich von Ihren Kunden?

Manchmal wünsche ich mir ein wenig mehr Höflichkeit, wenn die Kunden das Geschäft betreten, ein „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ zum Beispiel. Handel bedeutet Kommunikation, man redet miteinander. Auch mal über den Hund und das Wetter. Die kleinen Geschäfte haben auch eine soziale Komponente. Zum Einkaufen muss man aus dem Haus gehen, sich bewegen, ein paar Schritte tun und nicht nur am Rechner klicken. Es gibt noch die Geschäfte, in denen man sich nicht nur zum Einkaufen trifft, sondern auch mal eine Schulter zum Anlehnen findet. Deshalb ist es wichtig, dass es den stationären Handel in einer funktionierenden Innenstadt auch in den nächsten Jahren noch gibt.

Die Fragen stellte Steffi Pyanoe

Karin Genrich ist seit 1987 selbstständige Geschäftsfrau. Derzeit führt sie ein Modegeschäft in Potsdams Innenstadt und ist Präsidentin des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg.

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