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POSITION: Gegen die Stadtstruktur gestellt

Wenn das Staudenhof-Haus bleibt, werden die Probleme des Areals fortgeschrieben. Ein Gastkommentar von Saskia Hüneke

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Wie es um Transparenz und Bürgerbeteiligung bestellt ist, wenn sich Linke und SPD einmal einig sind, sah man vergangenen Mittwoch, als mit dem Beschluss, durch einen Wettbewerb Rahmenbedingungen zum Erhalt des Wohnhauses am Staudenhof zu schaffen, anderslautende Grundlagenbeschlüsse zur Potsdamer Mitte aus den vergangenen zehn Jahren missachtet wurden.

In langjähriger Gremienarbeit und in Workshops wurden die Planungsziele entwickelt, öffentlich debattiert, Bürger haben sich eingebracht, Stadtverordnetenbeschlüsse sind gefolgt. Zuletzt hat der Beschluss zum Leitbautenkonzept die Ziele konkretisiert und besonders für dieses Karree die Berücksichtigung der sozialen Belange ausdrücklich verankert. Nun hätten als nächste Schritte nach den Beschlüssen zum Havelufer Vorschläge zur Umsetzung der anderen Karrees durch die Verwaltung folgen sollen.

Stattdessen wird kurzerhand ein neues Entwicklungsziel formuliert und nicht einmal eine Beratung im Fachausschuss zugelassen. Wer nur nach Transparenz ruft, wenn es den eigenen Zielen nützt, und ansonsten nicht einmal die reguläre Meinungsbildung der Stadtverordneten zulassen mag, ist kaum glaubwürdig.

Es hätte einiges zu klären gegeben. Die Frage, wie soziale Mieten gesichert werden können, steht nicht nur für dieses Quartier im Raum. Und bei der Bewertung der Bauten aus der DDR-Zeit im Kontext der Potsdamer Mitte geht es nicht nur um die Architektur an sich, es ist auch nicht so, dass nur der vernachlässigte Zustand den Eindruck schmälert. Es geht vor allem darum, dass die DDR-Gebäude in ihren Proportionen und ihrer Platzierung gegen die gewachsene Stadtstruktur gestellt wurden und dass diese neuen Strukturen keine Aufenthaltsqualitäten erzeugen konnten. Deshalb war der Staudenhof trotz der gartengestalterischen und künstlerischen Bemühungen nie ein lebendiger, urbaner Ort. Man kann das vollkommen unideologisch sehen: Auch in den alten Bundesländern kehrt man vielerorts aus denselben Gründen zu alten Stadtstrukturen zurück.

Die Bibliothek, für deren Erhalt als Baudenkmal der DDR ich mich eingesetzt hatte, zeigt uns, was passiert: Es entsteht ein moderner Neubau, an dessen Geschichte nur noch seine Maßstäblichkeit erinnert. Auch das Wohnhaus am Staudenhof wäre nach der Sanierung kaum noch als Bau der „Ost-Moderne“ erkennbar und würde lediglich die städtebaulichen Probleme des Areals fortschreiben.

Die maßstabgerechte und sozialverträgliche Wohnbebauung, die Schaffung von Platzkanten am Platz der Einheit und an der Nikolaikirche, die ebenerdige Verbindung zwischen den beiden Plätzen, der grüne Innenbereich im Karree – all das sind städtebauliche Qualitäten, die wir mit dem Leitbautenkonzept schaffen wollen. Vollkommen verständlich ist es, wenn die Bewohnerschaft des Hauses eine konkrete Perspektive haben will. Es wird Aufgabe der angekündigten Machbarkeitsstudie sein, die Konsequenzen aus dem jüngsten Beschluss in allen Facetten aufzuzeigen. Vielleicht kann man dann besser erkennen, wo die Vorteile und Nachteile wirklich liegen.

Saskia Hüneke ist Kunsthistorikerin und Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne im Stadtparlament. Sie arbeitet als Kustodin der Skulpturensammlung bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam.

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