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B-PLAN GRIEBNITZSEE: „Gegen Hunde und unbefugte Fußgänger“

Griebnitzsee: Kirsch spricht sich für einen öffentlichen Weg aus – und will einen Zaun einklagen

Stand:

Am Potsdamer Ufer des Griebnitzsees befinden sich auf einer Länge von rund 2,8 Kilometern 80 Grundstücke. 20 Grundstücke, die von den Nazis bzw. kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges enteignet wurden, sind rückübertragen ebenso wie 12 Grundstücke, die im Zuge des Mauerbaus 1961 enteignet wurden. Die übrigen rund 50 Grundstücke gehören zu einem kleinen Teil der Stadt, die restlichen noch dem Bund.

Die Stadt Potsdam will möglichst viele der restlichen Flächen erwerben, um sie laut B-Planentwurf für die öffentliche Nutzung zu erhalten und in einen Uferpark umzugestalten.

Für die bereits privatisierten Flächen sieht der B-Plan zwei Möglichkeiten vor: Verlegung des früheren Kolonnenwegs der DDR-Grenzer an das Ufer. Dadurch erhöht sich die privat nutzbare Fläche für die Eigentümer, die die Kosten zu tragen haben. Da der B-Plan den Eigentümern im Uferbereich lediglich Bootsstege und Bootshäuser mit den entsprechenden Umzäunungen zubilligt, werden die Flächen zwischen Uferweg und Ufer am Ende ganz überwiegend öffentlich gewidmet sein – auf der Grundlage von Entschädigung oder Enteignung.

Der öffentliche Uferweg soll als Fußweg, der auch von Radfahrern genutzt werden kann, gewidmet werden. ERB

Babelsberg – Am Montag soll er es laut Fraktionschef Mike Schubert in der Fraktion bereits gesagt haben, am Mittwoch sagte er es auch vor Babelsberger Bürgern – wenngleich sehr halbherzig und zudem vage formuliert. Gestern nun kam die Erklärung schriftlich: „Ich bin für die durchgängige öffentliche Durchwegung der historischen Gärten am Griebnitzsee.“ Wolfhard Kirsch, Babelsberger Haussanierer und SPD-Stadtverordneter, steht endlich zu dem, was er schon zu Anfang des Jahres mit beschlossen hat. Denn da bekannte sich die Fraktion der Sozialdemokraten ohne Wenn und Aber zu einem öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee. Wer die aus dem einen Satz bestehende Erklärung von Kirsch genau liest, kann dennoch ein Aber heraus lesen. Die „historischen Gärten“ sind wohl Beleg für den Rechtsanspruch von Kirsch auf den Streifen zwischen dem öffentlichen Weg und dem Ufer. Dafür spricht auch, dass er derzeit auf dem Klageweg versucht, eine Baugenehmigung für einen Zaun durchzusetzen – von seinem Grundstücksteil oberhalb des Weges bis zum Ufer. Nach PNN-Informationen handelt es sich um einen 80 Zentimeter hohen Metallzaun an beiden Grundstücksgrenzen mit zwei Flügeltoren, mit denen der Kolonnenweg abgesperrt werden könnte. In der Klage heißt es, der Zaun solle gegen „Wildschweine, Hunde und unbefugte Spaziergänger“ errichtet werden.

Zwar gehört Kirsch dieses Stück Land, doch gilt eine Veränderungssperre, mit der der jetzige Zustand – öffentlicher Uferweg und Betretungsrechte für den Uferstreifen für alle – während des B-Planverfahrens bewahrt werden soll. Diese Veränderungssperre ist auch der Grund, weshalb die Stadt Kirschs Klage auf Baugenehmigung des Zaunes „gelassen sieht“, wie es im Rathaus hieß. Kirsch könne dort nichts bauen. Unklar ist zudem, ob Kirsch überhaupt vorhat, im Falle eines – ja eher unwahrscheinlichen – Sieges vor Gericht tatsächlich den Weg dicht zu machen. Immerhin hat er sich ja jetzt schriftlich für eine öffentliche Durchwegung ausgesprochen. Beobachter vermuten daher, dass es Kirsch insbesondere darum geht, die Stadt juristisch vorzuführen und in der Hand zu haben. Dennoch hat das Bekanntwerden der Zaun-Klage von Kirsch den Unmut seiner Genossen erneut geschürt. Mit den PNN-Informationen zu der Klage konfrontiert, sagte Finanzbeigeordneter Burkhard Exner gestern: „Nachdem Herr Kirsch sich schriftlich zu einem öffentlichen Uferweg bekannt hat, wäre die Rücknahme dieser Klage ein wirkliches Signal.“ Im übrigen halte er es für sehr unwahrscheinlich, dass Kirsch damit durchkommen wird. Die Veränderungssperre werde halten.

Für diesen sehr wahrscheinlichen Fall würde der jetzige Status Quo durch die Verabschiedung des noch in der Diskussion befindlichen B-Plans endgültig manifestiert. Stadtplanungschef Andreas Goetzmann erläuterte am Mittwochabend im Kulturhaus Babelsberg vor voller Kulisse nochmals die Ziele des B-Plans, dessen Grundlinie darin besteht, den Bereich vom früheren Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen bis hin zum Ufer öffentlich zu gestalten. Wie breit dieser Streifen einmal sein wird ist unklar, denn bisher haben sich erst 18 Privatanlieger bereit erklärt, den Uferweg auf eigene Kosten Richtung Ufer zu verlegen, um die Grundstücksfläche, die sie privat nutzen können, zu vergrößern. Bislang haben erst zwei Eigentümer von dieser im B-Planentwurf formulierten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Doch Goetzmann geht fest davon aus, dass weitere folgen werden. In diesem Bereich in der Virchowstraße dürfte der öffentliche Uferweg dann nur wenige Meter breit sein. An den Stellen, wo die Eigentümer den Uferweg an der jetzigen Stelle belassen wollen, wird die Stadt wohl enteignen müssen. Schließlich bleiben noch jene Flächen, die die Stadt erwerben und zu einem parkartigen Gelände gestalten will.

Diese kaum überschaubare Gemengelage führte auch dazu, dass der Stadtplanungschef während des Einwohnerforums auf die Frage nach den Kosten für das Ganze keine Angaben machen wollte. Allerdings sprach er davon, dass die Stadt wohl „Geld in erheblichem Maße“ werde einsetzen müssen. Möglicherweise müssten viele Maßnahmen gestreckt werden. Goetzmann verteidigte den im B-Plan vorgesehenen Bau von Stegen und Bootshäuser als Teil des Interessensausgleichs mit den Anliegern. Diese Bauten würden zudem den historischen Gegebenheiten vor dem Zweiten Weltkrieg entsprechen. Wie sehr diese Privilegien stören, zeigt die Tatsache, dass sich mehr als 1000 Stellungnahmen zum B-Plan für den öffentlichen Weg und gegen eine private Nutzung des Geländes aussprachen – für eine private Nutzung des Griebnitzseeufers hätten hingegegn nur 20 Einwohner plädiert, so Goetzmann.

Verstöße gegen die Veränderungssperre, so Goetzmann abschließend, würden nicht hingenommen. „Zahlreiche ordnungsrechtliche und Bußgeldverfahren laufen.“ Das heiße aber nicht, dass die Eigentümer automatisch alles wieder in Ordnung bringen würden. Goetzmann: „Wir können auch immer nur reagieren.“ So wird wohl auch der künstliche eingeengte Weg auf dem Grundstück von Kirsch zunächst Bestand haben.

Michael Erbach

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