Homepage: Gegen Intoleranz und Fanatismus Soziale Gerechtigkeit als Unterrichtsstoff der FH
Einen Umgang, der frei von Diskriminierung ist, soll man an der Potsdamer Fachhochschule Potsdam nun trainieren können. Verschiedenartigkeit, Gerechtigkeit und Diskriminierung – um diese Themen geht es in einer neuen Weiterbildung der FH in Zusammenarbeit mit dem Berliner Institut Social Justice und Diversity.
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Einen Umgang, der frei von Diskriminierung ist, soll man an der Potsdamer Fachhochschule Potsdam nun trainieren können. Verschiedenartigkeit, Gerechtigkeit und Diskriminierung – um diese Themen geht es in einer neuen Weiterbildung der FH in Zusammenarbeit mit dem Berliner Institut Social Justice und Diversity. Der Ansatz kommt aus den USA und wurde von den Wissenschaftlerinnen und Mediatorinnen Leah Czollek, Gudrun Perko und Heike Weinbach für den deutschsprachigen Raum weiterentwickelt. Seit 2006 bilden sie professionell zu Trainern und Trainerinnen in „Social Justice und Diversity“ aus, in diesem Jahr erstmals in Potsdam, wo Gudrun Perko seit 2010 Gastprofessorin für „Gender und Diversity“ ist. Leah Czollek hat nach einem Studium der Rechtswissenschaften an der FH Potsdam Soziale Arbeit studiert.
„Wir verstehen Social Justice als Anerkennungs- und Verteilungsgerechtigkeit“, erklärt Czollek. Verteilungsgerechtigkeit bedeute, die Mittel einer Gesellschaft so aufzuteilen, dass alle Menschen daran teilhaben können sowie körperlich und seelisch in Sicherheit und Wohlbefinden leben können. Anerkennungsgerechtigkeit bedeute die Teilhabe aller Menschen an allen gesellschaftlichen Ressourcen – ungeachtet ihrer kulturellen oder sozialen Herkunft, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung.
Czollek und Perko wenden eine aus jüdischen Traditionen selbst entwickelte Dialog- und Mediationsmethode an, die sie Mahloquet nennen. „Es geht darum, die verschiedenen Auffassungen bestehen zu lassen sowie angebliche Wahrheiten und festgefrorene Denkstrukturen zu erschüttern“, erklärt Czollek. Keine Meinung solle zu einem Dogma oder zu einer Ideologie erhoben werden. Gespräche, Fragen und Antworten dienten dazu, den Horizont zu erweitern und das Verständnis zu vertiefen. Das verlange Respekt gegenüber allen Stimmen. Czollek: „Diese Philosophie, die aus dem Talmud hervorgeht, richtet sich gegen den Drang zur Wahrheit, um sich gegen Intoleranz und Fanatismus zu wenden.“ Selbstverständlichkeiten des eigenen Lebens sollten in Frage gestellt und reflektiert werden.
Im Training lernen die Teilnehmenden, Diskriminierung zu verstehen, Stereotypen zu reflektieren und eigene Verwobenheiten zu begreifen. Häufig seien Altersdiskriminierung, Behindertenfeindlichkeit, Rassismus, Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft und Religion sowie Ost-West-Konflikte, sagt Czollek. „Das spiegelt sich in fast allen Institutionen und Gruppen wider.“
Ziel des Trainings sei es, Handlungsoptionen für den beruflichen Alltag zu entwickeln: „Oft haben wir das Gefühl, dass die strukturellen Rahmenbedingungen uns kaum Handlungsspielräume lassen, aber es gibt immer Möglichkeiten, anders zu handeln“, sagt Czollek. Als Beispiel nennt sie den Umgang mit behinderten Menschen – ihrer Meinung nach eine Bezeichnung, die in die Irre führt. „Der öffentliche Raum muss sich ändern, damit alle partizipieren können. Erst die Gesellschaft macht sie zu ,behinderten’ Menschen“, so Czollek. Das lasse sich auf viele Bereiche übertragen: „Die Probleme sind meist strukturell bedingt.“
Die berufsbegleitende Weiterbildung läuft noch bis April 2013 und richtet sich vor allem an Fachkräfte in sozialen Einrichtungen, aber auch in Unternehmen und Verbänden. Die 21 Teilnehmenden, in der Mehrheit Frauen, können die Weiterbildung mit einem Hochschulzertifkat abschließen. Damit können sie selbst Social Justice und Diversity Trainings anbieten. Das Interesse an der Weiterbildung sei sehr groß – nicht nur bei jungen Leuten. Die älteste Teilnehmerin ist 54 Jahre alt. „Es existiert bereits eine Warteliste“, berichtet Christa Heinrich, Projektleiterin an der Zentralen Einrichtung „Weiterbildung“ der FH Potsdam: „Wir werden die Weiterbildung mit Sicherheit auch im Herbst anbieten.“ Maren Herbst
Maren Herbst
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