
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: „Geht sorgsam um mit diesem Ort“
Architekt Peter Kulka über die Arbeit am Landtagsschloss und die Zukunft der Potsdamer Mitte
Stand:
Herr Kulka, für viele Potsdamer haben Sie mit dem Landtagsschloss der Stadt das Herz zurückgegeben. Wie fühlen Sie sich jetzt vor der Eröffnung?
Das Herz ist wichtig. Und wenn das die Städter sagen, glaube ich ihnen das. Ich bin jetzt nicht selig. Das wäre mir zu bequem. Ich kann Ihnen sagen, wie die Leute jetzt reagieren – die, die mich am Anfang hier als Verbrecher haben einziehen sehen, die Vereine, die so um das Schloss gekämpft haben, aber auch die Leute auf der Straße. Die sehen mich Alten durch die Stadt schlappen, einer winkt, der andere sagt: Na, du Verbrecher! Und lacht aber dazu. Es gibt keine einhellige Meinung.
Das wäre in Potsdam auch eine Ausnahme.
Wissen Sie, ich habe immer gedacht, wir bauen das Ding hier für die alten Leute. Aber nein! Ich saß zum Beispiel an der Fachhochschule auf der Treppe, da kommen junge Leute, steigen vom Fahrrad ab und sagen: Gratulation! Ich sage: Wofür? Das gibt es auch. Ich denke, die Reaktionen sind gemischt, es wird diskutiert. Und es steht ein Gebäude da, für das sich die Stadt wirklich nicht schämen muss.
Sie sind zufrieden, trotz allen Streits, den es während der Bauzeit gab?
Ja, das bin ich. Es ist auch gut, dass es nicht so friedlich läuft. Natürlich gibt es Widerspruch. Das war ein Projekt, bei dem vieles durch Engagement im Kleinen – durch die Vereine – und im Großen – durch die Spende von Plattner – bewegt wurde. Für mich als Architekt war es eines meiner schwierigeren Projekte, aber ich habe mich dem eingefügt, und zwar, weil es sich immer um einen demokratischen Prozess gehandelt hat. Da spielt es im Nachhinein keine Rolle mehr, dass wir uns gezofft haben.
Was bedeutet der Bau für die Innenstadt?
Das Gebäude ist eine Initialzündung – im Guten wie im Bösen.
Wie meinen Sie das?
Schauen Sie, ich würde zum Beispiel die Fachhochschule gern hierlassen und umbauen. Auch wenn es fast schon zu spät ist, muss man darüber nachdenken!
Das Leitbautenkonzept der Stadt sieht den Abriss vor, auch wenn es wahrscheinlich noch einige Jahre dauert, bis es dazu kommt. Wieso sollte sie stehen bleiben?
Man kann sie gut machen. Es ist eigentlich eines der besseren Gebäude der DDR, gerade bei den geringen Mitteln, die sie damals hatten. Gut, der Aufbau auf dem Dach ist scheußlich, der muss weg. Und möglicherweise muss die Achse auf die alte Achse der Stadt zurück, damit der Blick dann so beziehungsreich geführt wird. Das wären alles Dinge, da könnten die öffentlichen Kassen sparen. Brandenburg ist ja ein armes Land. Ich finde hier das Schöne von Potsdam, die Hochhäuser dahinten sind ja auch ein Zeichen.
Die elfgeschossigen DDR-Plattenbauten an der Zeppelinstraße?
Man muss diesen Widerspruch auch dulden! Aber schauen Sie mal hier über die Dächer der Stadt. Das Schloss von Friedrich war nicht so eitel, viel größer zu sein – im Gegensatz zum Berliner Schloss ist dieses Schloss hier ein kleines, fast ein Palais. Und das ist ein Zeichen des Friedrich gewesen, der ja auch ein Zerissener war und darüber nachgedacht hat, wie er für seine Leute etwas verändern kann. Das muss man anerkennen. Und nun schauen Sie sich die neu gebaute Bibliothek dahinten an. Die wussten, dass das Schloss kommt. Und gucken Sie sich diesen blöden Aufbau auf dem Dach an! Es ist ein Umbau, aber trotzdem.
Auf der anderen Seite steht das Hotel Mercure. Und viele meinen: Es stört.
Ich ärgere mich nur, wenn die Leute an dieser Stelle weiterbauen.
Sie meinen den Flottenneubau, der laut Stadtparlamentsbeschluss kommen soll?
Ja. Das Schloss, wie es jetzt wieder da ist, war die alte Stadtsilhouette, das war die Identität der Stadt zur Havel hin. Und damit muss man sorgsam umgehen. Deswegen wehre ich mich dagegen, dass man den Flottenneubau noch davorsetzt und alles schlimmer macht. Ich habe mit dem Mercure nicht so ein großes Problem, ich finde die Reibung für diese Stadt, die so süchtig ist, zurückzukehren, ganz gut. Denn es gibt keine Rückkehr, das müssen wir alle wissen. Keiner von uns Menschen hat die Möglichkeit einer Rückkehr, wir sind auf einem Weg.
Aber?
Ich sage nur: Geht sorgsam um mit diesem Ort. Das ist auch eure Geschichte. Wenn es denn weg muss und weg kommt und wenn dafür wieder der Garten käme und gar die Straße rückgebaut wird, dann muss man das diskutieren. Aber das heißt natürlich auch, dass man das Gelände nicht weggeben darf. Die Stadt muss diese Orte behalten, damit sie dort agieren kann und nicht zurückkaufen muss von amerikanischen Investoren. Das ist Städtebau. Städtebauer haben das Unglück, dass sie die Früchte ihrer Arbeit oft nicht mehr erleben. Aber sie müssen trotzdem so denken.
Sie haben sich 20 Jahre mit dem Landtag und anderen Projekten in Potsdam beschäftigt. Werden Sie der Stadt nun den Rücken kehren?
Ja. Und gerne! Man muss die Dinge auch in Ruhe lassen. Stellen Sie sich vor, ich würde jetzt wie so ein Papst alles ständig bereden – schrecklich! Nein, das sollen andere und jüngere Leute machen.
Das Gespräch führte Jana Haase
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