
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Gekocht wird im Lehrerzimmer
Seit den Sommerferien ist die Küche der Coubertin-Schule eine Baustelle, auf der sich nichts bewegt
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Am Stern - Der Kartoffel-Karotten-Puffer kommt nicht zur Ruhe. Erst rutscht er nach rechts, dann nach links. Je nachdem, wohin Christophers wacklige Pfanne auf dem kleinen Campingbräter kippt. Das Öl spritzt auf den Schultisch, landet an der Tafel und auf dem Boden des Lehrerzimmers der Pierre-de-Coubertin-Schule. „So richtig Spaß macht das Kochen nicht“, sagt der Neuntklässler. Es qualmt, es riecht, der Puffer brennt an. In einer richtigen Küche wäre das nicht passiert.
Doch die richtige Küche an der Oberschule Am Stern ist geschlossen. Vor den Sommerferien rückten die Arbeiter an, rissen Kabel aus der Decke, zogen die Herde von der Wand, stemmten Löcher in die Mauern. Eigentlich, um die Küche zu renovieren und den Speisesaal auszubauen. Doch nach den Ferien war Schluss.
Seit dem 1. August stehen die Arbeiten still, sagt Marion Worseck, stellvertretende Schulleiterin. Dabei hatte sie bei der Stadt nur versucht, für eine bessere Küche zu werben. Eine, in der Schüler für Schüler kochen, unter Anleitung von Profis. Die qualifizierte Lehrküche wäre eine Chance. Nicht nur auf leckeres und günstiges Essen, sondern auch auf einen guten Start ins Berufsleben.
Doch statt Lehrküche gibt es leere Baustelle. „Die Situation ist unbefriedigend“, sagt Worseck. Dabei wird an der Schule schon seit Jahren von Schülern für Schülern gekocht. Etwa ein Viertel der 247 Schüler isst in der Schule, entweder vom Caterer oder aus der Schülerküche. Es sollen mehr werden, „besonders durch die, die das Geld nicht aufbringen können.“
Eine Portion Nudeln mit Soße aus der Schülerküche kostet einen Euro, mit Fleischbeilage 1,50 Euro. Bei einigen habe man so das Bewusstsein für ein Mittagessen überhaupt erst geprägt, sagt Worseck. Weil einige Schüler überhaupt kein Essen mit zur Schule brachten, begann man mithilfe der Arbeiterwohlfahrt kostenloses Frühstück anzubieten. Auch die Ehrenamtler könnten die Küche gut gebrauchen. Doch die Gespräche mit der Stadt – selbst über abgespeckte Varianten – stecken in der Sackgasse.
Am Dienstag machten sich deshalb die Linken-Politiker Christian Görke, Fraktionschef im Landtag, und Hans-Jürgen Scharfenberg auf in die Schule. „Der Schulträger muss zu seiner Verantwortung stehen“, mahnte Görke. Wann, wenn nicht jetzt, solle man mehr Geld investieren, fragte er. Scharfenberg will den Missstand in der nächsten Stadtverordnetenversammlung ansprechen.
Im Rathaus werde der Wunsch der Schule derzeit geprüft, sagt KIS-Sprecher Markus Klier. 100 000 Euro seien für die neue Küche eingeplant. Die Lehrküche koste 430 000 Euro. Das Ergebnis der Prüfung sei noch offen, so der KIS-Sprecher.
In der Pierre de Coubertin wünsche man sich keine luxuriöse Großküche, sagt Jan Laufhütte. Der Koch steht mit den Neuntklässlern am Herd, besucht mit ihnen Großmärkte und Nobelhotels. „Es macht einfach keinen Sinn auf Muttis Herd zu lernen“, sagt er. In Restaurants gebe es den nicht.
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