Landeshauptstadt: Gelassen bis verärgert
Zustimmung der Bürger zur geschlossenen Rathaustür blieb aus
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Zustimmung der Bürger zur geschlossenen Rathaustür blieb aus Von Günter Schenke Punkt zehn Uhr schlossen gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs und Finanzbeigeordneter Burkhard Exner das Haupttor zum Potsdamer Rathaus zu. Aus Protest gegen die Finanzpolitik des Landes und des Bundes gegenüber der Kommune stellte die Stadtverwaltung für eine Stunde ihre Dienstleistungen ein. Es hatte sich offenbar herumgesprochen, dass das Stadthaus von zehn bis elf Uhr geschlossen hatte, denn der Publikumsverkehr hielt sich während dieser Zeit in Grenzen. Diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die trotzdem aufs Amt wollten, reagierten gelassen bis verärgert, als sie vor verschlossener Tür standen. „Wir haben keine Meinung dazu, wir können sowieso nichts ändern“, äußerte sich die Frau eines jungen Ehepaares, das vergeblich den Bürgerservice ansteuerte. Andere reagierten deftiger. So ein junger Mann, der wegen seiner Hundehaltung an der verschlossenen schmiedeeisernen Pforte des Bereichs „Allgemeine Ordnungsangelegenheiten“ rüttelte. „Schei“, entfuhr es ihm. Neben dem Haupttor waren auch die beiden Seitenpforten des Stadthauses verschlossen. Und wer sich im Rathaus aufgehalten hatte, kam zum Haupteingang nicht mehr hinaus. Ein stämmiger Wachschutzmann verhinderte konsequent jeden Ausbruch. Weder der Vorwurf der Freiheitsberaubung, noch die Drohung zweier Damen, der Wachmann müsse die Anwaltskosten bezahlen, wenn sie nicht pünktlich beim Landgericht erschienen, konnten ihn erweichen. Er habe die Anweisung „von ganz oben“, niemanden durchzulassen. „Gehen Sie rechts rum und dann zum Ausgang Helene-Lange-Straße“, wies er aber versöhnlich einen Ausweg. Hier war das Tor offen, ebenso der kleine „Eingang zum Stadthaus“ von der Hofseite aus und die Eingänge zum Haus 1 und 2 auf der Parkhaus-Baustelle. Im Warteraum der Kfz-Zulassungsstelle hatten sich die Besucher angestaut. Auf dem Tisch lag – unberührt – ein Stapel Flugblätter: „Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer, am Freitag, dem 7. November, trifft der Bundesrat eine Entscheidung, die weit reichende Folgen auch für Potsdam haben wird.“ Und weiter in fett gedruckten Lettern: „Es geht um die notwendige finanzielle Unterstützung der Städte und Gemeinden durch Bund und Land.“ Die Bürger werden gebeten: „Bitte unterstützen Sie diese Aktion durch ihre Solidarität und Ihr Verständnis.“ Bei der Kfz-Zulassungsstelle äußert sich dieses in duldsamem Warten. Einige Besucher vertraten sich vor dem alten zur Verwaltung umgebauten Schulhaus die Füße. Ein ungeduldiger Besucher fragt eine Mitarbeiterin: „Sie machen wohl Pause?“ Die Frau deutet erst wortlos auf den Aushang, der auf den „Tag der verschlossenen Türen“ verweist und sagt dann: „Wir arbeiten.“ Finanzbeigeordneter Burkhard Exner hatte im Vorfeld der Aktionswoche bereits einschneidende Sparmaßnahmen angekündigt, wenn es mit dem finanziellen Kahlschlag so weiter gehe. Konkret nannte er die Schließung einer Schwimmhalle, Einsparungen bei Bibliotheken, Leistungen für Kultur und Sport, bei Investitionen zu Schulsanierung sowie zur Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs. Bereits jetzt wirtschaftet die Stadt unter den Bedingungen einer teilweisen Haushaltssperre.
Günter Schenke
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