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Landeshauptstadt: Gelassene Kämpferin

WASG-Spitzenkandidatin Lucy Redler stellte sich den Fragen von Lutz Boede

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Beinahe gelassen konnte sich Lucy Redler auf den für sie bereitgestellten Stuhl niedersetzen, wusste sie sich doch einem politischen Freund gegenüber. In der Stadtteilkneipe „Nowawes“, ließ sie sich am Dienstagabend von dem links-alternativen Lutz Boede, Stadtverordneter der Fraktion Die Andere und Mitinhaber des Szenetreffs in Babelsberg, befragen. Redler, die neue Ikone der jungen Linken in Deutschland, tritt derzeit als Spitzenkandidatin der Berliner WASG (Wahlalternative für Soziale Gerechtigkeit) auf einer eigenen Wahlliste für die Senatswahlen im September an. Rhetorisch geschickt, wohl überlegt und fast schon routiniert beantwortete sie Boedes Fragen – in jedem ihrer Sätze eine offene Kampfansage, gerichtet an die Großen und Gewichtigen im Mehrparteiensystem der Bundesrepublik.

Welcher Medienauftritt für sie denn in letzter Zeit am spannendsten gewesen sei? - „Natürlich mein Besuch bei Sabine Christiansen“, antwortet sie prompt. „Das war die einmalige Möglichkeit, ein Millionenpublikum zu Demonstrationen aufzurufen, zu einer Umkehrung der Verhältnisse von unten nach oben“. Allerdings sei die Freude über diese Chance „sogleich in Wut umgeschlagen“, als „Herr Clement von der SPD anfing seine Lügen auszupacken“. Das zieht. Ein Großteil des zahlreich erschienenen Publikums muss an dieser Stelle lachen. Boede ist begeistert. Seine Veranstaltungsreihe „Zur Person“ sehen sonst viel weniger Leute. Lucy Redler plaudert sich warm. Sie spricht von Streik, Kampf und Revolution und wirkt dabei ganz unaufgeregt. Für sie scheint das normal, „den Druck hätten die anderen“. „Wir wollen im Parlament einen Widerstand aufbauen und den sozialen und gewerkschaftlichen Bewegungen eine Stimme geben“, sagt sie. Viel wichtiger als eine parlamentarische Linke sei aber die „Organisation von Protest in den unteren Klassen“, eine „Wiederbelebung der Arbeiterbewegung“. Dann geht sie kurz in sich. Sie würde nicht sagen, fährt sie fort, dass die Leute ein „Verlangen nach Sozialismus“ haben. In jedem Fall spüre sie aber bei den Menschen auf der Straße ein „antikapitalistisches Bedürfnis“. Sie, die in Hamburg Volkswirtschaftslehre und Sozialökonomie nur studiert habe, um den Neoliberalismus, ihren „politischen Feind“, besser zu verstehen. Den Marxismus habe sie „schon vorher begriffen“.

Lutz Boede verteidigt die junge Politikerin – sie feiert heute ihren 27. Geburtstag – bis zum Ende der Veranstaltung gegen kritische Behauptungen aus dem Publikum. „Wir benötigen präzise Fragen, keine Co-Referate mit eigenen Standpunkten“, sagt er mit ironischem Unterton. Lucy Redler ist dennoch bemüht alles aufrichtig und eingehend zu beantworten. Sie ist halt eine richtige Kämpferin. Eine gelassene obendrein.

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