Mein WENDEHerbst: Geld auf Gleisen
JAHREMAUERFALLDer Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger zwischen Kap Arkona und Fichtelgebirge demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9.
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JAHRE
MAUERFALL
Der Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger zwischen Kap Arkona und Fichtelgebirge demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9. November fällt die Mauer. An dieser Stelle erinnern sich in den Potsdamer Neuesten Nachrichten täglich Menschen in Potsdam an ihre Erlebnisse in dieser Zeit. Heute: Susanne Spatz. Die 34-Jährige arbeitet als Event- und Projektleiterin im Restaurant Prinz Eisenherz.
DDR-Geld auf Bahngleisen war der erste sichtbare Vorbote für Susanne Spatz, dass Veränderungen anstehen. Es war Anfang Oktober 1989, kurz nachdem tausende DDR-Bürger, die in die bundesdeutsche Botschaft geflüchtet waren, mit Zügen aus der Tschechei in die Bundesrepublik gebracht wurden. Damals fuhr die 14-Jährige mit der Bahn in die Tschechei, nach Karlovy Vary: „Die Reise war ein Jugendweihe-Geschenk“, erinnert sie sich. Mitten auf freier Strecke hielt der Zug. „Auf den Gleisen haben wir viele DDR-Geldscheine gesehen“, rekapituliert sie das Erlebte. „Das müssen die Ausgereisten wohl in ihrer Euphorie während der Fahrt dort entsorgt haben“, schlussfolgert sie. Einige Wochen später verfolgte sie mit ihren Eltern in Potsdam vor dem Fernseher die berühmte Pressekonferenz mit Günther Schabowski am Abend des 9. November. „Wir stellten uns alle die Frage, wie diese Reiseregelungen überhaupt funktionieren sollen?“ Am nächsten Morgen fehlte in ihrer 9. Klasse in der Rosa-Luxemburg-Schule an der Burgstraße die Hälfte der Schüler. „Auch die Lehrer waren verblüfft und wussten nicht, mit der Entwicklung umzugehen“, sagt Susanne Spatz. Nach kurzer Diskussion ging es aber weiter mit normalem Unterricht. Den ersten Ausflug in den Berliner Westen unternahm Susanne Spatz erst gut eine Woche nach der Grenzöffnung: Mit der Straßenbahn ging es zur Glienicker Brücke, und dort in den Bus. „Gespannt war ich schon, allerdings war ich peinlich berührt vom Benehmen vieler DDR-Bürger, die nach kostenlosen Angeboten gierten.“ KG
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