Landeshauptstadt: Geldeintreiberin in Uniform?
Anklage: Betrug und Amtsanmaßung/Überraschender Freispruch
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Anklage: Betrug und Amtsanmaßung/Überraschender Freispruch Von Gabriele Hohenstein Die Hunde-Runde endete für Brigitte B.* (62) am 9. April 2003 mit einem Riesenschreck. Kaum waren Frauchen und Pudel wieder daheim, klingelte es an der Wohnungstür. Davor stand eine korpulente Dame in blauer Uniform, welche der kleinen, zierlichen Frau eröffnet haben soll, sie komme vom Betrugsdezernat und müsse ihrem Gatten jetzt Handschellen anlegen, da er eine Straftat begangen habe. Die drohende Festnahme könne allerdings verhindert werden, wenn das Ehepaar umgehend 550 Euro an die vermeintliche Amtsperson zahle. „Mein Mann war noch im Betrieb. Und ich war dermaßen erschrocken, dass ich ihr einen Scheck über die geforderte Summe ausstellte“, berichtete die Geprellte gestern im Zeugenstand. Hilde M.* (58) – angeklagt wegen Betruges und Amtsanmaßung – bestritt den Vorwurf entschieden. Als sie ihren alten Mercedes an den Ehemann von Brigitte B. verkaufte, habe der ihr zugesichert, das Fahrzeug binnen drei Tagen umzumelden, was offensichtlich nicht geschah. „Ich bekam plötzlich jede Menge Bußgeldbescheide wegen Falschparkens und Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die Versicherung wollte ihr Geld auch weiter sehen“, erzählte die Potsdamerin verärgert. Da sie nicht zahlte, sei sogar der Gerichtsvollzieher dagewesen, um zu pfänden. Also habe sie sich entschlossen, die ihr vermeintlich zustehenden Außenstände einzutreiben. „Ich kam von der Nachtschicht, hatte meine Dienstuniform an“, so die Sicherheitsmitarbeiterin. Allerdings habe sie sich bei Brigitte B. mit ihrem Namen vorgestellt. „Ich habe nie behauptet, dass ich ihren Mann festnehmen will. Frau B. hat mir den Scheck von sich aus angeboten“, beteuerte die Angeklagte. „Wir haben erklärt, dass wir von einer Wachschutzfirma kommen. Von Verhaftung war allerdings nicht die Rede“, sagte der Lebensgefährte und Kollege von Hilde M. aus, den sie an jenem Apriltag zur Unterstützung mitgenommen hatte. „Frau B. hat uns den Scheck regelrecht aufgedrängelt. Sie wollte nicht, dass ihr Mann Ärger bekommt.“ Die Staatsanwältin glaubte der Zeugin Brigitte B. und beantragte, Hilde M. – sie schummelt sich seit über 40 Jahren durch zahllose Diebstähle und Betrügereien durchs Leben, saß jahrelang im Gefängnis, beging die angeklagte Tat während einer laufenden Bewährung – zu einer Haftstrafe von zehn Monaten zu verurteilen. Das Urteil des Schöffengerichts fiel überraschend aus: Im Zweifel für die Angeklagte – Freispruch. (*Namen von der Redaktion geändert.)
Gabriele Hohenstein
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