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Aus dem GERICHTSSAAL: Geldstrafe für Beleidigung

450 Euro Strafe für unbeherrschten Rentner

Stand:

Mit 21 Jahren begann Friedhelm F.* seine kriminelle Karriere mit Diebstählen. Bald folgten Verurteilungen wegen Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung, Widerstandes gegen Polizeibeamte und immer wieder wegen gefährlicher Körperverletzung. Mehrfach saß der Ungelernte im Gefängnis. Inzwischen ist er 73 Jahre alt. Beherrschen kann sich der aus dem Alt-Bundesgebiet Stammende offenbar noch immer nicht. Jetzt kassierte Friedhelm F. wegen Beleidigung vom Amtsgericht eine Geldstrafe von 450 Euro. Und damit ist er gut weggekommen. Schließlich steht der Neu-Potsdamer noch bis November 2007 unter Bewährung.

Das hinderte ihn laut Staatsanwaltschaft allerdings nicht, am 27. Januar mit hoch erhobenen Händen auf seine Nachbarin Claudia C. zuzustürmen und zu brüllen: „Na, du fettes Stasischwein, spitzelst du mich wieder aus? Halt die Fresse, sonst schlage ich dich tot. Verpiss dich, du alte Judensau und du Dreckskommunistenschwein.“

Nie und nimmer habe er Derartiges von sich gegeben. Dies sei einfach nicht sein Stil, betont der Mann mit dem weißen Haarkranz pikiert. Seit er vor neun Jahren in die Siedlung gezogen sei, hätten die Alteingesessenen gegen ihn, den „Wessi“, gestänkert. „Mein Zwergpudel und ich wurden sogar mit der Waffe bedroht“, empört sich Friedhelm F. „Und meine Nachbarin Claudia C. hat sich jetzt extra einen großen Hund zugelegt, damit der auf meinen kleinen Pudel losgeht.“ Diese Frau sei außerdem extrem neugierig. Auch an dem bewussten Nachmittag habe sie sich nicht im Zaum halten können und unter die Decke gelugt, mit der er einen alten Ofen verhüllt hatte. „Da habe ich ihr gesagt, die Zeit der Spitzelei ist vorbei“, so der Angeklagte. „Kann sein, dass ich etwas lauter geworden bin“, räumt er ein.

„Ich kam gerade von der Hunderunde, als mich dieser Bürger mit den Worten aus der Anklageschrift beschimpfte“, berichtet Claudia C.* (41). „Sein Ofen hat mich überhaupt nicht interessiert.“ Schon während der Fußball-WM im Vorjahr habe es einen ähnlichen Vorfall gegeben. „Ich bin totaler Fan und habe eine Deutschlandfahne rausgehangen. Da hat er gesagt, früher waren sie die größten Kommunistenschweine und heute wollen sie Deutsche sein.“ Damals habe sie die Äußerungen von Friedhelm F. lediglich der Hausverwaltung gemeldet. Doch diesmal habe er das Maß des Erträglichen überschritten. „Ein Mann seines Alters müsste doch ein bisschen mehr Grütze im Kopf haben“, glaubt die Speditionskauffrau. Amtsrichterin Monika Holk legt dem Angeklagten nahe, sich bei der Zeugin zu entschuldigen. Friedhelm F. schaltet auf stur. „Wieso soll ich etwas zugeben, was ich nicht gemacht habe?“, protestiert er. Gericht und Staatsanwaltschaft halten Claudia C. für glaubwürdig und ihre Strategie, Friedhelm F. tunlichst aus dem Weg zu gehen, für goldrichtig. (*Namen geändert.)Hoga

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