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Aus dem GERICHTSSAAL: Geldstrafe für „klare Aussage“

Zeuge nun selbst auf der Anklagebank

Stand:

Der Videofilm zeigt es deutlich: Jean J.* fährt mit seinem Laster bei Rotlicht über die Kreuzung Gutenberg-/Ecke Berliner Straße. J. wurde daraufhin in einem Bußgeldverfahren zur Zahlung von 125 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Bei der Verhandlung am 25. August vorigen Jahres trat Ralf R.* als Zeuge auf. Er ist ein Bekannter des Rotlichtsünders, befand sich mit seinem Pkw am Tattag direkt hinter Jean J. Gestern saß der einstige Zeuge selbst auf der Anklagebank des Strafgerichts. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Ralf R., während des Bußgeldverfahrens gelogen zu haben. Der Arbeitslose soll wahrheitswidrig beteuert haben: Ich sah, wie die Ampel von gelb auf rot umsprang, nachdem Jean J. die Lichtsignalanlage passiert hatte. „Das ist die Zusammenfassung der damaligen Richterin. Ich weiß nicht mehr genau, was ich gesagt habe“, parierte Ralf R. (40). „Ich habe nur erzählt, was ich gesehen habe. Es lag mir auf alle Fälle fern, eine falsche Aussage zu machen.“ Noch heute sei er überzeugt, Jean J. habe die Kreuzung bei gelb überquert. „Deshalb habe ich ihn ja später noch gefragt, wieso er von der Polizei gestoppt worden ist.“

Polizeibeamte Frank F.* (44) war damals mit der Kamera an dieser Kreuzung eingesetzt, um Rotlichtverstöße zu dokumentieren. Das während des Bußgeldverfahrens vorgeführte Video wurde auch gestern gezeigt. „Die Ampel zeigt genau drei Sekunden gelb, dann erscheint rot. Und das ist es bereits 1,04 Sekunden lang, als der Laster über die Kreuzung fährt“, fasste der Polizeizeuge zusammen. Ralf R. habe mit seinem Pkw entfernt genug gestanden, um die Signalanlage genau im Blick zu haben. „Er hat sein Fahrverhalten ja genau danach ausgerichtet.“ „Ich war der Meinung, mich nicht ordnungswidrig verhalten zu haben. Aber ich wurde inzwischen eines Besseren belehrt“, berichtete Jean J. (34) im Zeugenstand. „Ralf R. sagte mir sogar, dass er beinahe noch hinter mir hergefahren wäre.“

„Hätten Sie während des Bußgeldverfahrens geäußert, Sie meinten, die Ampel wäre noch gelb gewesen, als der Laster die Kreuzung überquerte, hätte man dies als subjektiven Eindruck werten können. Aber Sie haben eine klare Aussage getroffen“, wandte sich die Amtsrichterin an den Angeklagten. Ralf R. habe sich somit einer uneidlichen Falschaussage schuldig gemacht, allerdings nicht in einem großen Strafprozess. Deshalb könne das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt werden. Die müsse mit 900 Euro allerdings empfindlich ausfallen. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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