Homepage: Gelungener Gegenentwurf zur Generation Praktikum
Es begann mit einem Uni-Seminar: Heute ist das Medienlabor Potsdam e.V. Partner vom 1. FFC Turbine
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„Es ist sozusagen der große Wurf gelungen“, freut sich Christin Hering. Die 24-Jährige studiert Politikwissenschaft, Europäische Medienwissenschaften und Betriebswissenschaft an der Universität Potsdam. Gleichzeitig ist sie Pressesprecherin des Medienlabor Potsdam e.V. Ihr Verein ist seit Mitte September neuer Partner von Frauenfußballmeister Turbine Potsdam. Hering und ihre zehn Mitarbeiter beim Medienlabor entwerfen nun unter anderem die Turbine-Eintrittskarten, verkaufen Fantrikots und haben einen Internet-Shop programmiert (PNN berichteten). Es ist das bisher größte Projekt des Vereins, der vor zwei Jahren aus einem Uni-Seminar entstanden ist.
Vielleicht ist der neue Auftrag ja der Schritt „weg vom Studentenimage“, den Christin Hering sich erhofft. Die Politikwissenschaftlerin, die aus der Nähe von Eberswalde stammt, ist Fußballfan. Keine Frage deshalb, dass sie am kommenden Dienstag ins Karl-Liebknecht-Stadion kommen wird. Dann spielen die Frauen von Turbine ihr nächstes Heimspiel gegen den VFL Wolfsburg. Und Hering will die Reaktionen der Fans auf die neu gestalteten Eintrittskarten und Fanartikel am liebsten vor Ort testen.
Als sie im Herbst 2004 zum Medienlabor stieß, war der Verein noch als Seminar organisiert, erinnert sie sich. Hering sah darin einen „Gegenentwurf zur Generation Praktikum“: Schließlich hatte sie als Volontärin bei einer Tageszeitung in Frankfurt an der Oder schon vor dem Studium genügend Erfahrungen gesammelt. Statt unbezahlter Arbeit für Andere bot das Medienlabor die Chance, sich selbst etwas aufzubauen. Ähnlich beurteilt das ihr Kollege Jean-Pierre Winter, der von der ersten Stunde an dabei war: Mit unbezahlten Praktika hätten alle „Medienlaboranten“ Erfahrungen gemacht, erzählt der 27-Jährige. Irgendwann wuchs das Vertrauen ins eigene Wissen und Können und damit auch der Wunsch, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.
Die Phase der „Selbstfindung“ dauerte dann fast zwei Semester, rekapituliert der Wahl-Potsdamer. Mit dem ursprünglich vorgesehenen Zeitaufwand von zwei Semesterwochenstunden war es endgültig vorbei, als der erste Auftrag an Land gezogen wurde: Eine 24-seitige Broschüre für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Brandenburg. Seitdem habe eine „große Professionalisierung“ stattgefunden, schätzt Hering rückblickend ein. Das Medienlabor arbeitete unter anderem für die Akademie der Medien in Berlin und für die Berliner Synchron AG, nach eigenen Angaben eines der führenden Synchronstudios in Deutschland.
Die Arbeit im Verein vergleicht Hering finanziell mit einem Nebenjob. Je nach Auftragslage bleibe mehr oder weniger Zeit fürs Studieren. Dabei ist der Unterschied zum stupiden Kassier-, Kopier- oder Putzjob offensichtlich: Hering ist schon jetzt in dem Bereich, in dem sie ihre berufliche Zukunft sieht. „Man arbeitet hier natürlich auch für den künftigen eigenen Arbeitsplatz“, gibt sie zu. Wenn sie in ein oder zwei Jahren mit dem Studium fertig sein wird, möchte sie weiter machen. Für Jean-Pierre Winter ist es schon soweit. Er wartet momentan auf sein Bachelor-Zeugnis. „Ich habe mich entschieden, dabei zu bleiben“, sagt der gebürtige Berliner. So wie er hat mittlerweile die Hälfte der Vereinsmitglieder das Studium hinter sich und arbeitet „Vollzeit“ fürs Medienlabor. Nur der Büroraum erinnert noch an die studentischen Wurzeln: Er befindet sich am Institut für Europäische Medienwissenschaften, im Haus 9 in Golm.
Von Jana Haase
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