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Qualität des deutschen Hochschulsystems steigern – Neue Wege der Hochschulfinanzierung
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Qualität des deutschen Hochschulsystems steigern – Neue Wege der Hochschulfinanzierung Von Katherina Reiche Den deutschen Hochschulen fehlen heute bereits zwischen drei und vier Milliarden Euro, davon etwa eine Milliarde für die Lehre. Noch vor 25 Jahren betreute ein Wissenschaftler 13 Studierende. Heute sind es 24 Studierende. Die Zahl der Studierenden wird bis 2010 auf 2,1 Millionen anwachsen. Die Hochschulfinanzierung ist schon deshalb rückläufig, weil weder die Inflationsdefizite noch die Tarifentwicklung bei den Personalkosten ausgeglichen werden. Im Bereich des Hochschulbaus besteht seit Jahren ein immer prekärer werdender Investitionsstau. Der Staat steht auch weiterhin in der Verantwortung, seinen Beitrag zur Ausstattung der Hochschulen zu leisten. Die CDU ist seit jeher der Auffassung, dass im Bildungssystem Chancengerechtigkeit bestehen muss und jeder im Falle einer entsprechenden Befähigung unabhängig von den finanziellen Verhältnissen der Familie Zugang zu den Hochschulen erhalten soll. Doch schon jetzt besteht mit Blick auf die Verteilung finanzieller Lasten im Hochschulbereich eine soziale Schieflage. Während 72 Prozent der Kinder aus vermögenden Familien einen Hochschulabschluss erlangen, absolvieren nur 12 Prozent der Kinder aus Arbeiterfamilien und acht Prozent aus einkommensschwachen Schichten eine Hochschulausbildung. Ein Baustein erforderlicher Strukturveränderungen sind Beiträge von Studierenden für ihr Erststudium. Schon seit Mitte der 80er Jahre wird in Deutschland über Modelle der Studienfinanzierung nachgedacht, und mindestens genauso lange unterliegen sie einem Tabu. Bereits 1987 beklagte der Rektor einer großen Universität: „Man kann in Deutschland über alles reden, nur nicht über Studiengebühren.“ Es lohnt sich, dieses Tabu endlich zu brechen Der breiten Diskussion um ein integriertes System aus individuellen Bildungsbeiträgen, Darlehens- und Stipendienmodellen sowie staatlichen Leistungen muss nun die Zeit der Erprobung solcher Modelle folgen. Die Hochschule ihrerseits muss eine Gegenleistung erbringen. Hierzu gehören ein besseres Betreuungsverhältnis, gut ausgestattete Bibliotheken, ständige und qualifizierte Studienberatung und -begleitung oder Hilfe bei der Vermittlung in zukünftige Arbeitsverhältnisse (Career Center). Der Blick auf andere Länder beweist, dass selbst höhere Studienbeiträge keineswegs vom Studium abhalten. Die Erfahrungen in Großbritannien und Australien zeigen, dass die Studierendenzahlen nicht gesunken sind. Dort funktioniert der „Generationenvertrag für Bildung“ als Solidargemeinschaft der Studierenden. Dieses Prinzip kann auch an deutschen Hochschulen funktionieren. Eine Hochschulbildung ist stets eine Investition in die persönliche Zukunft. Eigenverantwortung der Studierenden sowie Wettbewerb um und unter den Studierenden wären positive Effekte. Außerdem würden Leistung (der Studierenden) und Gegenleistung (der Hochschulen) wieder in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Der notwendige Strukturwandel sollte sich von folgenden Überlegungen leiten lassen. All jene, die von staatlichen Hochschulen profitieren, sollen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Finanzierung der Hochschulbildung beteiligen. Dies sind der Staat, die Studierenden und die Wirtschaft. Studienbeiträge sind besonders geeignet, einen Wettbewerb um eine Verbesserung von Forschung und Lehre herbeizuführen. Es gilt, über den Preis eine definierte Studienqualität zu sichern. Studienbeiträge müssen zwei grundsätzlichen Anforderungen genügen: Sie müssen erstens für jeden Studierenden zu spürbaren Qualitätsverbesserungen ihres Studiums führen. Deshalb müssen die Studienbeiträge als originäre Einnahmequelle der Hochschulen dienen und dürfen keinesfalls den öffentlichen Haushalten zugute kommen. Diese zusätzlichen Mittel dürfen außerdem nicht zu einem Abschmelzen der Landeszuschüsse führen. Zweitens muss die Einführung von Studienbeiträgen dem Gebot der Sozialverträglichkeit gehorchen. Nachlaufende Studienbeiträge erscheinen als geeigneter Weg. Das Modell der nachlaufenden Studienbeiträge beruht auf einem Darlehenssystem mit Wahlmöglichkeit. Hierbei könnten die Studierenden zwischen einer studienbegleitenden Zahlung (bei entsprechendem Rabatt) und einer nachlaufenden Zahlung im Anschluss an das Studium wählen. Im Fall der nachlaufenden Zahlung nimmt der Studierende ein verzinsliches Darlehen bei einer Bank auf, dessen Rückzahlung für die Dauer der Regelstudienzeit und vier weiterer Toleranzsemester gestundet wird. Auch studentisches Engagement in den Hochschulgremien sollte in Form eines Toleranzsemesters berücksichtigt werden. Die Rückzahlung erfolgt ab einem festzulegenden Mindesteinkommen. Dieses System könnte durch Härtefallregelungen für Gebührenbefreiung ergänzt werden. Mit Blick auf zusätzliche BAföG-Rückzahlungen muss gewährleistet sein, dass die Gesamtkosten keine psychologischen Barrieren für die Aufnahme eines Studiums errichten. Angesichts einer heterogenen Hochschullandschaft kann es nicht nur ein Modell geben. Länder und Hochschulen sollten in einen Wettbewerb um die attraktivsten Bedingungen für eine Hochschulausbildung einsteigen können. Den unterschiedlichen Hochschultypen oder der Größe einer Einrichtung muss Rechnung getragen werden. Wettbewerb setzt Dynamik im Hochschulwesen voraus. Dazu gehört die Eigenverantwortung der Hochschulen in der Personal- und Sachmittelausstattung auf der Grundlage von Globalbudgets. Auch sollten die Hochschulen das Recht erhalten, ihre Studierenden ohne allzu große gesetzliche Vorgaben auswählen zu dürfen. Katherina Reiche ist Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete sowie bildungs- und forschungspolitische Sprecherin der CDU / CSU-Bundestagsfraktion.
Katherina Reiche
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