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Aus dem GERICHTSSAAL: Geohrfeigt, geboxt und eingesperrt

Bewährung und Therapie nach Misshandlung der Lebensgefährtin

Stand:

Der Angeklagte zerfließt vor Selbstmitleid. Er verbraucht während des Prozesses mehrere Taschentücher. „Sie sind ein notorischer Straftäter“, grollt der Staatsanwalt unbeeindruckt und fordert zehn Monate Haft für Ronny R. (21).* Richterin Reinhild Ahle ermahnt den Förderschulabgänger, sein Leben endlich in die eigenen Hände zu nehmen, setzt die beantragte Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. „Das Opfer ist Ihre Freundin, nicht Sie“, gibt sie zu bedenken. „Damit so etwas nicht wieder vorkommt, haben Sie sich einer einjährigen ambulanten Alkoholentwöhnungstherapie zu unterziehen.“ Ronny R. – soeben der Körperverletzung, der Beleidigung, versuchter sowie vollendeter Nötigung überführt – nickt heftig. „Das hatte ich sowieso vor. Sonst darf ich mein Kind überhaupt nicht mehr sehen“, erklärt der wegen zahlreicher Diebstähle, wegen Gewaltdelikten, Hausfriedensbruchs und Bedrohung Vorbelastete. Zudem steht er wegenTrunkenheit am Steuer unter Bewährung.

In der Nacht zum 13. April schaute Ronny R. mit einem Kumpel wieder einmal zu tief ins Glas, zettelte am frühen Morgen in der gemeinsamen Wohnung Streit mit seiner Lebensgefährtin Sonja S.* an. Die wollte sich das nicht bieten lassen, schnappte die neun Monate alte Tochter, um das Haus zu verlassen. Laut Anklage soll der Arbeitslose die junge Frau daraufhin mehrfach geohrfeigt, sie geschlagen, geboxt und gekratzt haben. Danach habe er sie eingeschlossen. Als es ihr gelang zu fliehen, habe er ihr das Kind im Treppenhaus entrissen, sich mit der Kleinen zurück in die Wohnung begeben. Die von Sonja S. alarmierte Polizei fand bei ihrem Eintreffen „eine entspannte Situation“ vor. Auch das Küchenmesser, das während der Aktion eine Rolle gespielt haben soll, lag wieder da, wo es hingehört. „Er hat mit dem Messer rumgefuchtelt und gesagt, wenn er mich nicht haben kann, soll mich keiner kriegen“, schluchzt Sonja S. (19) im Zeugenstand. „Ich hatte wirklich Angst. Er war ja betrunken. Dann hat er gedroht, sich selbst umzubringen.“ Nach vielen Höhen und Tiefen in der dreijährigen Beziehung habe sie nun einen Schlussstrich gezogen, lebe mit dem Kind, für das sie das alleinige Sorgerecht besitzt, bei ihrer Mutter, so die Auszubildende.

„Ich hatte ein Messer in der Hand, aber nicht, um Sonja weh zu tun“, beteuert Ronny R. „Ich wollte mir etwas zu essen machen.“ Sein Ausrasten an diesem Morgen schiebt er auf übermäßig genossenen Alkohol. In einem solchen Zustand sei er nicht mehr er selbst. „Außerdem hatte ich bei meinem Freund einen Joint geraucht.“ Die Vorsitzende kontert: „1,24 Promille sind nicht übermäßig viel. Strafmildernd wirkt dieser Wert auf alle Fälle nicht. Unkontrolliert, wie Sie reagiert haben, können Sie von Glück reden, dass nicht mehr passiert ist.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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