Landeshauptstadt: Gerangel um Buslinien-Vergabe
Exner: Auftrag „zu klein“ für öffentliche Ausschreibung der Nordrouten
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Der Zwist um die Auftragsvergabe des Verkehrsbetriebs (ViP) für Buslinien in den neuen Potsdamer Ortsteilen beschäftigte am Mittwochabend die Stadtverordneten. Den Hintergrund bildete ein diffizieler Sachverhalt: Dem Satzkorner Busunternehmer Andreas Nickol sollen nach eigener Aussage die bisherigen Fahrten als ViP-Subunternehmer entzogen und mit dem neuen Fahrplan am 28. Mai dem Marquardter Unternehmer Günter Anger zugeschlagen werden. Nickol ist SPD-, Anger hingegen CDU-Mitglied. ViP-Chef Martin Weis wies bereits vergangene Woche Vermutungen vehement zurück, die Parteizugehörigkeit sei ein Auswahlkriterium. Für die Neuvergabe der betreffenden Linien wurde Nickol nicht mehr angefragt, neben zwei anderen aber die Havelbus-Gesellschaft (HVG). Die Ironie: Nickol fährt im Potsdamer Norden auch für die HVG, nach PNN-Informationen auch über den 28. Mai hinaus.
Die SPD-Fraktion forderte daraufhin am Mittwochabend in einem Dringlichkeitsantrag den Oberbürgermeister auf, „dafür Sorge zu tragen, dass () die Linien im Potsdamer Nordraum, welche nicht durch den ViP selbst befahren werden, im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbsverfahren vergeben werden“. Der SPD-Unternehmer Nickol wird in dem Antrag nicht erwähnt. Doch der CDU-Fraktionsvorsitzende Steeven Bretz witterte scheinbar den parteipolitischen Braten: Er rechtfertigte die Vergabe der ViP-Linien an CDU-Unternehmer Anger. „Der ViP hat mehrere Anbieter angeschrieben und sich bewusst für Anger entschieden, weil er die besten Preise hat“, sagte Bretz. Außerdem zitierte er aus einem internen Papier des ViP – was den SPD-Abgeordneten Christian Seidel aufregte: „Wir befinden uns in einer öffentlichen Sitzung!“ Da zählte Bretz gerade die vom ViP dokumentierten so genannten „Schlechtleistungen“ von Nickol auf. Der SPD-Antrag habe nichts mit konkreten Unternehmen zu tun, konterte Fraktionschef Mike Schubert – Bretz habe eine „Verteidigungsrede für ein Unternehmen“ gehalten. Der SPD ginge es nicht um Parteibücher, sondern um das Vergabeverfahren. „Und da musste nach den Berichten der Eindruck entstehen, dass es womöglich zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist“, so Schubert. Die gelte es zu prüfen und künftig zu verhindern. VIP-Aufsichtsratchef und Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) schob einer öffentlichen Ausschreibung den Riegel vor. Mit nur 1090 Kilometer Fahrleistung pro Woche sei der Auftrag „klein“ und deshalb nicht ausschreibungspflichtig. Außerdem: „Wir haben keinerlei Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten“, erklärte Exner gleich dreimal.
Das meinte nach aufgeregter Debatte auch die Mehrheit des Plenums und lehnte den SPD-Antrag ab. Schubert kündigte an, den ViP-Aufsichtsrat zu informieren und bei sich erhärtenden Verdachtsmomenten den Rechnungsprüfungsausschuss einzuschalten.
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