Aus dem GERICHTSSAAL: Gericht: Ein Sachverständigengutachten muss her
Hitzige Beweisaufnahme um vermeintliche Unfallflucht / Es gibt einen neuen Verhandlungstermin
Stand:
Es geht hoch her in der kleinen Straße in Fahrland, und das seit Jahren. „Sündenbock“ ist Karl K.* (58), zugezogener Wessi und im öffentlichen Dienst tätig. „Der schwärzt alle an“, erzählt Agathe A.* (61) im Zeugenstand. „Wenn wir den bloß von weitem sehen, machen wir unsere Türen zu.“ Doch am 4. September vorigen Jahres ließ sich die Konfrontation zwischen Agathe A. und ihrem Nachbarn offenbar nicht vermeiden. Karl K. soll in den Nachmittagsstunden mit seinem Citroen den kleinen Ford von Agathe A. eingedellt, sich danach ungerührt entfernt haben. Schaden: Knapp 1000 Euro. Jetzt sitzt er wegen Unfallflucht auf der Anklagebank. „Sie hat mir mit ihrem Auto den Weg versperrt. Das parkte total schräg auf der Fahrbahn“, berichtet der Mann. „Ich hupte mehrfach, um ihr zu signalisieren, dass ich damit nicht einverstanden bin.“ Weil Agathe A. keine Anstalten machte, den Wagen zur Seite zu fahren, habe er sich mit seinem Auto daran vorbeigeschlängelt. „Mein Seitenspiegel passte durch die Lücke. Also bin ich davon ausgegangen, dass auch der Rest durchpasst. Mein Auto hat mir keinen Widerstand gemeldet“, so der Angeklagte. Auf Nachfrage des Richters räumt er ein, er könne nicht ausschließen, den Ford mit dem Hinterteil seines Citroen vielleicht doch gerammt zu haben. „Gehört habe ich allerdings nichts. Sonst wäre ich nicht abgedüst.“
„Vielleicht ist er taub? Dann dürfte er aber nicht ans Steuer“, kontert Agathe A. „Ich kam nach Hause, hatte gerade meine Garage aufgeschlossen, als ich Motorengeräusche vernahm. Dann hupte es wie wild.“ Als sie den Angeklagten erkannte, habe sie ihr Auto sofort aufs Grundstück chauffieren wollen. „Da fuhr er mir frontal entgegen und stellte sich in den Weg. Er tobte, drohte mit der Faust und zeigte mir einen Vogel. Ich hatte Angst“, so die Zeugin. Plötzlich habe Karl K. sein Fahrzeug erneut gestartet, sich durch den schmalen Spalt zwischen beiden Autos gequetscht. „Es war vorauszusehen, dass er da nicht durchkommt. Es krachte, mein Auto wackelte auch“, erinnert sich die Frau. „Aber er gab Gas und war weg.“ Der zum Unfallort gerufene Polizist sicherte Lackpartikel vom Ford, fotografierte dessen verbeulten Kotflügel sowie eine Schramme am Citroen des Angeklagten. „Aus meiner Sicht waren die Beschädigungen kompatibel. Doch der Herr sagte, diese Beschädigung sei bereits drei Monate alt.“
„Es hat einen Crash gegeben. Darüber brauchen wir nicht zu streiten“, konstatiert der Richter. „Fakt ist nur, ob der Angeklagte ihn zwangsläufig bemerkten musste.“ Es sei deshalb nötig, ein Sachverständigengutachten „zur Wahrnehmbarkeit der Kollision“ einzuholen. Das dauert. Irgendwann geht der Prozess von vorne los. Ob sich die erhitzten Gemüter bis dahin abgekühlt haben, scheint fraglich. (*Namen geändert.) Hoga
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