Aus dem GERICHTSSAAL: Gericht: Ein tornadoartiger Überfall
Opfer eineinhalb Stunden in der eigenen Wohnung malträtiert/Drei Jahre Haft
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Aus dem GERICHTSSAALOpfer eineinhalb Stunden in der eigenen Wohnung malträtiert/Drei Jahre Haft Es waren die schlimmsten 90 Minuten seines Lebens, berichtete Axel H. (48) gestern vor dem Schöffengericht. Der Ingenieur-Ökonom trank in der Nacht des 17. Dezember 2002 in seiner Wohnung Tee, während sich seine Partnerin Sabine J. – wie so oft – außerhalb mit Alkohol voll laufen ließ. Irgendwann kam sie nach Hause, eskortiert von zwei jungen Männern. Die fragten, wieso er die Frau schlüge, prügelten und traten ihn anschließend krankenhausreif. „Sie wollten Party machen“, erzählte das Überfallopfer, verwüsteten die Wohnung, schütteten ihm Tee über den Kopf. Einer der Eindringlinge hielt dem Mann ein Messer an die Kehle, erpresste die Geheimnummer seines Handys, steckte das Mobiltelefon ein. Anschließend warf er es gegen die Wand. Nach etwa eineinhalb Stunden räumten die selbst ernannten Rächer – von denen einer bis heute unbekannt geblieben ist – das Feld, hinterließen eine Spur der Zerstörung, deren Schaden Axel H. auf rund 2000 Euro bezifferte. Der ideelle Schaden wiegt weitaus schwerer. Obwohl die Wunden verheilt sind, fühlt sich der Angestellte in seinen eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. „Die Frau hatte Angst, nach Hause zu gehen, weil sie von ihrem Lebensgefährten öfter verprügelt wird. Sie wollte uns 300 Euro geben, wenn wir mitkommen, damit sie ein paar Sachen zusammenpacken kann“, erzählte Sven Sch. (25) auf der Anklagebank. Da er Sabine J. vom Sehen kannte, habe er eingewilligt. Auch ein ihm völlig Fremder habe sich erboten, die stark Alkoholisierte zu begleiten, die die Wohnungstür mit ihrem Schlüssel geöffnet habe. Dann sei die Situation eskaliert. „Ich hatte viel mehr getrunken als sonst“, erinnerte sich der Möbelträger, räumte Schläge und Tritte gegen sein überraschtes Opfer ein. Der Unbekannte habe sich ebenfalls nicht lumpen lassen, ihn gar aufgefordert, den Hausherrn mit dem Messer in Schach zu halten. „Das habe ich aber nicht gemacht.“ In seiner Rage habe er zwar die Einrichtung zertrümmert, allerdings weder Geld noch Handy gestohlen, wie es ihm vorgeworfen werde, beteuerte der wegen gefährlicher Körperverletzung, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Diebstahls Angeklagte. Sabine J. (51) sitzt wegen Mittäterschaft auf der Anklagebank, darf diesen Platz aber bald wieder räumen. Gegen Zahlung einer Geldbuße von 150 Euro wird das Verfahren gegen sie eingestellt. Zu hoch war der Alkoholpegel der arbeitslosen Erzieherin am Tatabend, als dass sie sich an Einzelheiten erinnern könnte. Inzwischen hat sie sich von Axel H. getrennt und auch erkannt, sie müsse unbedingt etwas gegen ihre Sucht tun. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Dr. Birgit von Bülow verurteilte den wegen zahlreicher Verkehrsverstöße, Diebstahls und Computerbetruges Vorbestraften, zur Tat zudem unter zweifacher Bewährung Stehenden wegen des „tornadoartigen Überfalls“ zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Sie folgte damit dem Antrag von Staatsanwalt Peter Petersen.Hoga
Hoga
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