Aus dem GERICHTSSAAL: Gericht: Haft als Chance
Nach Bewährung kommt Gefängnis / Opfer blieb der Verhandlung fern
Stand:
Aus räuberischer Erpressung – wie ursprünglich angeklagt – wurde letztendlich „nur“ Unterschlagung. Ins Gefängnis muss Thomas T.* (26) dennoch. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Doris Grützmann verurteilte den alkoholkranken und obdachlosen Hartz-IV-Empfänger gestern nach zwei Verhandlungstagen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. In diese Sanktion flossen auch Strafen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, dafür mit gehörig Alkohol im Blut, sowie wegen Sachbeschädigung ein. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigte den einschlägig Vorbestraften, zudem unter zweifacher Bewährung Stehenden, am 22. Januar einen 14-Jährigen am Bahnhof Medienstadt seines Handys beraubt zu haben. Laut Anklage soll Thomas T. dem Schüler angedroht haben, ihn umzubringen, falls er Anzeige bei der Polizei erstatte. In der Nacht des 10. April soll der betrunkene Angeklagte in Fahrland die Seitenscheibe einer Bushaltestelle komplett zerstört haben. Am 15. Juni – so ein weiterer Vorwurf – sei Thomas T. mit 2,69 Promille ohne Fahrerlaubnis durch Fahrland gebraust.
Der kahlgeschorene Angeklagte – er sitzt derzeit eine nicht bezahlte Geldstrafe ab – räumte die Alkoholfahrt sowie den Scheibenbruch während einer „Kempelei mit Kumpels“ ein. Das Wegnehmen des Handys gestand er erst nach Rücksprache mit seinem Verteidiger Hans-Jürgen Kernbach. „Wo es geblieben ist, weiß ich nicht. Ich war ganz schön betrunken“, erklärte Thomas T.
Das als Zeuge geladene vermeintliche Raubopfer erschien weder am ersten noch am zweiten Prozesstag. Da die familiären Verhältnisse des inzwischen 15-Jährigen problematisch sind, sein Aufenthaltsort nicht bekannt ist, wurde die Aussage, die er vor der Polizei machte, verlesen. Der Schüler gab an, vom Angeklagten zuerst nach Geld gefragt worden zu sein. Da er keins hatte, habe Thomas T. „in aggressivem Ton“ sein Handy gefordert. Er habe nicht wirklich Angst gehabt, dass er ihn umbringen würde, aber gefürchtet, es könne ihm etwas passieren. Der Bewährungshelfer stellte seinem Probanden „keine positive Sozialprognose“. Nur eine Langzeittherapie könne dem in Heimen aufgewachsenen Thomas T. helfen, vom Alkohol loszukommen. Das Leben des Angeklagten sei weitgehend von Struktur- und Bindungslosigkeit geprägt, konstatierte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft. „Sie haben alle drei Taten während zweier laufender Bewährungen begangen. Da hat man keinen Spielraum mehr“, ergänzte die Vorsitzende. „Sie können in Freiheit keinen Neuanfang schaffen. Vielleicht gelingt er Ihnen im Gefängnis.“ Hoga
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