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Aus dem GERICHTSSAAL: Gericht: Schuld des Verlegers gering

Verfahren wegen Insolvenzverschleppung gegen 500 Euro Buße eingestellt

Stand:

Am Schluss des Verfahrens musste die Anklage revidiert werden. Jürgen Strauss (52), einstiger Inhaber des gleichnamigen Verlages mit Sitz in der Dortustraße, war nach dem 31. März 2003 nicht als faktischer Geschäftsführer des inzwischen zahlungsunfähigen Unternehmens tätig. Somit könne ihm – wie von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen – auch keine vorsätzliche Insolvenzverschleppung angekreidet werden, befand Amtsrichter Wolfgang Peters gestern Nachmittag. Allenfalls käme Fahrlässigkeit in Betracht. Doch die Schuld des Verlegers sei so gering, dass man das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro an die Landesjustizkasse einstellen könne. Jürgen Strauss – er führte den Verlag, der sich vor allem durch Architekturführer und hochwertige Bildbände einen Namen machte, seit 1996 – zeigte sich einverstanden.

Am Vormittag wurde „Firmenbeerdiger“ Ingo P. (63) vom selben Richter wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung der J. Strauss Verlag GmbH zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt, die noch an Ort und Stelle rechtskräftig wurde. Der Bilanzbuchhalter übernahm das Unternehmen laut Anklage im Juni 2003 von Jürgen Strauss, um es abzuwickeln. Obwohl im Laufe der Zeit Verbindlichkeiten von 200 000 Euro aufgelaufen waren, soll es Ingo P. versäumt haben, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Das Gesetz besagt, dies habe spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu erfolgen. Ingo P. verlegte den Sitz des Verlages nach Halle, meldete dort im Januar 2004 schließlich Insolvenz an. Das Hallenser Amtsgericht lehnte den Antrag am 25. Juni 2004 mangels Masse ab.

Anfangs habe er „mit Maßnahmen zur Kostenreduzierung“ versucht, den Verlag zu retten, versicherte Ingo P. Als er einsah, dass seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sein würden, habe er den Insolvenzantrag gestellt – und zwar innerhalb der Drei-Wochen-Frist. „Das Unternehmen war bereits zahlungsunfähig, als Sie es übernommen haben“, warf Richter Peters ein. Der Angeklagte konterte, es habe Gespräche zwischen Jürgen Strauss und einem Berliner Verleger gegeben, der signalisiert habe, zwischen 100 000 und 150 000 Euro in die Firma investieren zu wollen. Leider habe sich der Mann später anders entschieden.

Detlev Pr. (56), besagter Verleger, bestätigte im Zeugenstand, anfangs Interesse an dem eingeführten Strauss-Verlag, der für „seine schönen Bücher über Brandenburg bekannt war“, gehegt zu haben. Als Zeitschriften- und Zeitungsverleger sei er sich später allerdings nicht mehr sicher gewesen, ob dies der richtige Schritt sei.

Jürgen Strauss betonte während des gestrigen Prozesses, sowohl durch Detlev Pr. als auch Ingo P. versucht zu haben, die Kapitallage des Unternehmens zu verbessern. Letzterer sei von ihm keinesfalls – wie von der Staatsanwaltschaft behauptet – als Firmenabwickler bestellt worden. „Ingo P. sollte den Betrieb als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer fortsetzen und den kaufmännischen Bereich abdecken, damit ich mich als Angestellter kreativen Dingen widmen kann“, so der Verleger. Hoga

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