Aus dem GERICHTSSAAL: Gericht will Geständnis
Automatenknackern drohen mehr als sechs Jahre Haft
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Der Verhandlungssaal 6 des Landgerichts platzt aus allen Nähten. Sieben Angeklagte, flankiert von meist zwei Verteidigern, sitzen in Reihen auf der einen Seite, zwei Staatsanwälte auf der anderen. Türen und Fenster werden von Justizbeamten bewacht. Je zwei Beamte hatten zuvor sechs der Männer, die sich in Untersuchungshaft befinden, in Handfesseln vorgeführt. Die Richterbank ist mit drei hauptamtlichen sowie zwei ehrenamtlichen Richtern ebenfalls gut bestückt. Vorerst 14 Verhandlungstage hat die 4. Große Strafkammer unter Vorsitz von Jens Gerlach für den Prozess anberaumt. Es geht um schweren Bandendiebstahl, die Sprengung von Geldautomaten, Brandstiftung und Versicherungsbetrug. Gut 11 400 Seiten drängen sich in den Aktenordnern. Der Gesamtschaden, den die Bande zwischen September 2010 und August 2013 in Potsdam, dem Umland sowie in Berlin verursacht haben soll, beläuft sich auf gut 400 000 Euro (PNN berichteten).
Um den Prozess nicht ausufern zu lassen, unterbreitete die Kammer den Angeklagten sowie ihren Verteidigern am gestrigen zweiten Verhandlungstag einen Vorschlag zur Verständigung. Im Klartext: Legen die Männer im Alter zwischen 22 und 59 Jahren ein „detailliertes und glaubhaftes Geständnis“ ab, kämen sie – je nach Schwere und Umfang der Taten – mit Höchststrafen, die zwischen zwei Jahren und neun Monaten bis zu sechs Jahren und vier Monaten liegen würden, davon. Die Bindung des Gerichts an eine Verständigung entfalle allerdings, sollten sich während des Prozesses neue Sachverhalte ergeben.
Die Anklage legt den in Potsdam und Berlin Wohnenden unter anderem die Sprengung des Geldautomaten einer Kleinmachnower Commerzbankfiliale, einer Volksbank-Niederlassung in Bergholz-Rehbrücke sowie des Geldautomaten einer Berliner Sparkasse zur Last. Ziel der Bande, die „mit wechselnder Tatbeteiligung handelte“, soll auch das Projekt „Junge Wilde“ der Arbeiterwohlfahrt im Lerchensteig gewesen sein. Hier sollen die Täter einen Tresor mit 3300 Euro und einen Renault Twingo gestohlen haben. In einem Berliner Getränkegroßmarkt setzten sie laut Anklage die Alarmanlage mit Bauschaum außer Betrieb und erbeuteten so einen Stahlblechschrank mit 9000 Euro.
„Die Vorschläge zum Strafmaß sind maßvoll und angemessen. Sie lassen die Kirche im Dorf“, sagte Richter Gerlach. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich mit den Vorstellungen der Kammer grundsätzlich einverstanden. Einspruch kam von der Verteidiger-Riege. Die Rechtsanwälte erklärten, sie müssten die Vorschläge erst mit ihren Mandanten erörtern. Dies sei bis zum nächsten Termin am Freitag nicht zu schaffen. Der Vorsitzende entschied daraufhin: „Dieser Verhandlungstag entfällt. Den Angeklagten wird aufgegeben, spätestens am 17. September zu erklären, ob sie dem Verständigungsvorschlag des Gerichts zustimmen.“ Hoga
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