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Landeshauptstadt: Geringste Arbeitslosigkeit – höchste Kaufkraft

Der jüngste Landeshauptstadtvergleich zeigt Potsdam im positiven Licht – dennoch bleibt die Lage schlecht

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Der jüngste Landeshauptstadtvergleich zeigt Potsdam im positiven Licht – dennoch bleibt die Lage schlecht Von Michael Erbach In den 90-er Jahren waren die Potsdamer mal als Jammer-Ossis („Spiegel“) verschrieen gewesen. Und das Meckern hat scheinbar nicht nachgelassen. Wurden doch Oberbürgermeister Jann Jakobs und sein Kämmerer Burkhard Exner gerade in den vergangenen Monaten nicht müde, auf die prekäre Finanzsituation Potsdams zu verweisen. Exner hat sogar angekündigt, den Haushalt für 2004 wegen der vielen Unsicherheitsfaktoren erst im März nächsten Jahres vorlegen zu wollen. Es drohen neue Millionendefizite, von einem ausgeglichenen Haushalt ist Potsdam meilenweit entfernt. Dabei geht es der brandenburgischen Landeshauptstadt zumindest im Vergleich der ostdeutschen Landesmetropolen sehr gut. Das geht aus dem Landeshauptstadtvergleich für 2002 vor, der gestern von Exner und dem Chef des Potsdamer Statistikamtes, Rainer Pokorny, vorgestellt wurde. Danach hat Potsdam die geringste Arbeitslosenquote (13,2 Prozent) und die höchste Kaufkraft (94,2 Prozent des Bundesdurchschnitts) im Osten sowie die bundesweit zweitniedrigste Quote bei Sozialhilfeempfängern (35 je 1000 Einwohner) im Osten. Was Exner aber noch mehr freut ist die Tatsache, dass Potsdam offenbar eine große Anziehungskraft besitzt: Neben Potsdam kann nur noch Dresden auf ein Bevölkerungswachstum verweisen. Mit einem Durchschnittsalter von 41,1 Jahren ist Potsdam zudem die jüngste Landeshauptstadt im Osten, bundesweit haben nur noch Kiel (41,0 ) und Mainz (40,7) eine noch jüngere Bevölkerung. Die positive Bevölkerungsentwicklung sei, so Pokorny, zum einen auf die geringste Sterberate aller 16 Landeshauptstädte und eine über dem Durchschnitt des Ostens liegende Geburtenrate zurückzuführen – aber auch auf die Tatsache, dass immer mehr Familien mit Kindern nach Potsdam ziehen. Neuer Trend: Zurück in die Stadt Exner betonte, dass die Entscheidung zum Umzug zum einen mit einem guten Angebot an Arbeitsstellen zu tun habe, aber auch mit der Attraktivität einer Stadt allgemein. So sei auch der Trend erklärbar, dass zahlreiche Familien, die in den vergangenen Jahren ins Umland zogen, wieder nach Potsdam zurück kehren würden. Die kulturellen, sportlichen und Bildungsmöglichkeiten seien in einer Landeshauptstadt einfach besser. Dass der Bestand an Wohnungen in den letzten fünf Jahren um 14,8 Prozent zunahm und Potsdam damit bundesweit den höchsten Zuwachs erreichte, fördere die Möglichkeiten weiteren Zuzugs. Pokorny machte darauf aufmerksam, dass es in Potsdam gelungen sei, den Wohnungsbestand insbesondere durch Sanierungsanstrengungen zu vergrößern. Von den 11 058 neuen Wohnungen der letzten fünf Jahre sind 4670 durch Neubau entstanden. Pokorny sprach von einer erfreulichen Revitalisierung der Innenstadtbereiche. Ein Pluspunkt sei auch der hohe Versorgungsgrad von 72,4 Prozent bei Einrichtungen für Kinder bis 12 Jahre – bundesweit einsame Spitze. Dass Potsdam so gute Noten bekomme im Vergleich der Landeshauptstädte dürfe jedoch nicht über die allgemein schlechte finanzielle Situation Potsdams und vieler anderer Städte hinweg täuschen, betonte der Finanzbeigeordnete. „Fest steht: Den Städten geht es generell schlecht.“ Haushaltssicherungskonzepte seien an der Tagesordnung, viele Städte hätten große Probleme einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. Für diese Entwicklung gäbe es viele Ursachen, u. a. strukturelle Schwächen bei den Steuereinnahmen. Während in vielen westdeutschen Städten die Einnahmen aus der Gewerbesteuer Haupteinnahmequelle ist, seien die Städte im Osten in erster Linie von den Schlüsselzuweisungen von Bund und Land abhängig, die von immer neuen Kürzungen betroffen seien. Gleichzeitig seien beispielsweise die Ausgaben im Sozialbereich gestiegen. Laut Exner muss Potsdam in diesem Jahr allein 3,1 Millionen Euro mehr für die auch in Potsdam gestiegene Zahl von Sozialhilfeempfängern einsetzen. Im jetzt vorgelegten Vergleich für 2002 hat Potsdam mit 35 Sozialhilfeempfängern je 1000 Einwohner bundesweit immer noch den zweitniedrigsten Wert, allerdings stiegen auch in Potsdam die Ausgaben innerhalb eines Jahres um 17,7 Prozent. Deshalb würden die Städte auch weiter auf eine Verbesserung der Kommunalfinanzen drängen. Schuldenberg wächst Zumal sich für Potsdam durch die Eingemeindung die bislang günstige Situation bei der Pro-Kopf-Verschuldung verschlechtert habe. Im Landeshauptstadtvergleich für 2002 wird für Potsdam mit 650 Euro noch der geringste Wert im Osten ausgewiesen – durch die Übernahme der Schulden von Fahrland werde der Wert um 220 Euro je Einwohner steigen. Der Landeshauptstadtvergleich, so Exner, mache dennoch deutlich, dass Potsdam „bundesweit noch mit die besten Entwicklungschancen“ habe.

Michael Erbach

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