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Aus dem GERICHTSSAAL: Geständiger Langfinger

Obdachlosen um 250 Euro bestohlen / 80 Sozialstunden als Denkzettel

Stand:

Otto O.*, der Belastungszeuge, ist mittlerweile so krank, dass er nicht mehr vor Gericht erscheinen kann. Doch Frank F.* (50) – vorbestraft wegen zahlreicher Diebstähle, aber auch wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung, Sachbeschädigung und Betruges, legt ein umfassendes Geständnis ab. So kann auf die Aussage des Alkoholikers verzichtet werden.

Beide Männer leben seit geraumer Zeit im Obdachlosenheim am Lerchensteig. Frank F. kümmerte sich ein wenig um Otto O., mit dem er sich gut verstand. Er kaufte regelmäßig für ihn ein, säuberte auch das Zimmer des Älteren, als es ein Fall für den Kammerjäger zu werden drohte. Im Mai 2008 bemerkte Otto O., dass 250 Euro aus seinem Wertfach verschwunden waren. Er verdächtigte seinen Kumpel Frank F., der als spielsüchtig gilt, wieder einmal lange Finger gemacht zu haben. „Stimmt, ich habe das Geld genommen“, bestätigt der Angeklagte zu Prozessbeginn. „Verspielt habe ich es aber nicht. Ich dachte, das steht mir für meine Bemühungen zu. Otto hat nämlich nie ein Wort des Dankes übrig gehabt. Außerdem habe ich geglaubt, der kriegt das gar nicht mehr mit.“

Nachdem er der Tat überführt worden sei, habe er sich entschuldigt und erboten, den Schaden wiedergutzumachen, beteuert Frank F. Doch Otto O. sei ihm aus dem Weg gegangen. Dafür habe er überall im Heim herumerzählt, er sei von Frank F. um 350 Euro erleichtert worden. „Es waren aber wirklich nur 250 Euro“, versichert der Angeklagte. Die wolle er Otto O. heute auf Heller und Pfennig zurückzahlen. Der zur Verhandlung geladene Vertreter der Sozialen Dienste der Justiz bestätigt, Frank F. habe ihm die betreffende Summe inzwischen ausgehändigt. Er werde sie dem Betreuer von Otto O. umgehend zukommen lassen. „Eigentlich hätte es gar keine Verhandlung geben müssen“, schätzt der Sozialarbeiter ein. Er habe einen Täter-Opfer-Ausgleich angestrebt, bei dem sich beide Kontrahenten an einen Tisch setzen würden. Doch Otto O. verlange eine öffentliche Entschuldigung vom Angeklagten. „Es ist nicht besonders schön, einen Kumpel zu beklauen und dann auch noch davon auszugehen: Der ist schon so weggetreten, dass er nichts mehr merkt“, grollt Staatsanwalt Ralf Menger. Eigentlich müsse Frank F. mit einer empfindlichen Geldstrafe sanktioniert werden. Andererseits habe er den Schaden inzwischen ersetzt. Deshalb könne er sich auch eine Einstellung des Verfahrens gegen das Ableisten von Sozialstunden vorstellen, so der Vertreter der Anklage. Das sieht das Gericht unter Vorsitz von Birgit von Bülow ebenso, legt 80 Stunden binnen zwei Monaten fest. „Als Entschuldigung für eventuelles Nichtarbeiten gilt nur, wenn Sie im Koma liegen oder am Tropf hängen“, warnt sie. „Sonst sehen wir uns hier wieder.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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