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Aus dem GERICHTSSAAL: Gesucht wird Oskar Foxtrott

Personenschützer wegen Vortäuschens einer Straftat angeklagt

Stand:

Lars L.* (28) – ledig, kurze Haare, Bodybuilderfigur – erstattete am 2. Dezember 2007 Anzeige bei der Polizei, weil ihm zwei Wochen zuvor ein Unbekannter in der Hegelallee mit seinem Pickup ins Auto gefahren und danach geflüchtet sei. Schaden: 13 500 Euro. Tatsächlich – so die Anklage – soll der damalige Besucher der privaten Personenschützerschule in der Großen Weinmeisterstraße den Crash selbst verschuldet haben, und zwar mit gehörig Alkohol im Blut. Wegen Vortäuschens einer Straftat erhielt Lars L. einen Strafbefehl über 2000 Euro. Der Berufssoldat legte Einspruch ein. In der daraufhin anberaumten Gerichtsverhandlung wollte er sich allerdings nicht äußern. Amtsrichterin Kerstin Nitsche hatte vorsorglich eine ganze Reihe von Zeugen geladen. Patrick P.* (25) stützte ursprünglich die Aussage des Angeklagten, kassierte inzwischen wegen Falschaussage eine Geldstrafe. In der Verhandlung gegen seinen ehemaligen Personenschützer-Kumpel rückte er jetzt mit der Wahrheit heraus. „Lars L. hat gesagt, ich soll behaupten, dass ich in der Nacht des 16. November 2007 am Steuer saß. Ich lag aber zu dieser Zeit längst im Bett in unserem Quartier“, so der Arbeitslose. Sein Kollege Mario M. und ein weiterer Lehrgangsteilnehmer – von dem kenne er nur den Decknamen Oskar Foxtrott – hätten ihn geweckt. „Sie sagten, Lars steckt in Schwierigkeiten.“ Dann seien sie zu dem Unfallort – er befand sich unmittelbar vor der Einfahrt zur Karstadt-Tiefgarage – gefahren. „Lars stand ganz alleine da. Er hatte getrunken. Sein dunkelgrüner Opel war auf der Beifahrerseite total demoliert. Einige Poller waren umgefahren“, erinnerte sich der Zeuge.

Mario M.* berichtete im Zeugenstand: „Ich war an diesem Abend mit Lars etwas trinken. Es war abgemacht, dass uns Patrick abholt.“ Das habe dieser auch getan. Auf der Heimfahrt sei er auf der Rückbank eingedöst, dann plötzlich durch einen Knall wach geworden. „Auf der Kreuzung am Nauener Tor hat ein Pickup gedreht. Aus dem ist plötzlich eine Person rausgesprungen und weggerannt“, behauptete Mario M. „Lars ist hinterher und hat den Mann festgehalten.“ „Ihr Bekannter Patrick P. hat uns inzwischen etwas ganz anderes erzählt“, warnte Richterin Nitsche den Zeugen. „Irgendeiner von Ihnen lügt hier.“

„Das war eine ganz fürchterliche Geschichte“, versicherte Stefan S.* (21). „Ich war im Café Olga und wollte nach Hause. In der Hegelallee lief ich auf dem Mittelstreifen. Von der gegenüberliegenden Seite brüllte mich ein Mann an. Dann waren plötzlich noch andere Leute da. Alle wollten wissen, ob ich gerade aus einem Pickup gestiegen bin. Das habe ich mehr als einmal verneint.“ Dennoch sah sich der behinderte Student unversehens mit den Fäusten des Angeklagten konfrontiert. Seine Brille flog auf die Straße, er hinterher. „Hätte sich der Unfall kurz zuvor ereignet, hätte ich das hören müssen“, betonte der Lehrer in spe. „Um diese Zeit war es selbst in der Hegelallee still.“ Die zum Unfallort gerufenen Polizisten glaubten anfangs der Version des Angeklagten. Später hegten sie Zweifel. Die hatte auch das Gericht. „Wir brauchen den ominösen Oskar Foxtrott“, stellte Richterin Nitsche klar. Sollte es gelingen, den Mann bis zum 14. April ausfindig zu machen, wird seine Aussage maßgeblich für den Ausgang des Verfahrens sein. (*Namen geändert.) Hoga

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