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SERIE: Gesund ernähren Crashdiät oder Fastenkur?

Was es aus Sicht der Ernährungsforschung bringt, den Gürtel enger zu schnallen

Stand:

Das Jahr 2011 ist vom Bundesforschungsministerium zum Jahr der Gesundheitsforschung benannt worden. In den PNN stellen Wissenschaftler des Deutsches Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) aktuelle Ergebnisse aus dem Bereich Gesundheit und Ernährung vor.

Viele Menschen machen im Frühjahr eine Crashdiät oder Fastenkur, um die im Winter angefutterten Pfunde wieder loszuwerden. Es stellt sich jedoch die Frage: Wie sinnvoll sind solche Hungerkuren wirklich, helfen sie beim Abnehmen, sind sie gut für die Gesundheit oder können sie ihr auch schaden?

Diäten, die dem Abnehmen dienen sollen, basieren vor allem darauf, dem Körper weniger Energie als sonst zuzuführen. Denn nur wenn man weniger Energie aufnimmt als man verbraucht, nimmt man ab. Aus wissenschaftlicher Sicht sind radikale Hungerkuren aber wenig geeignet, um langfristig abzunehmen. Sie sind nur erfolgreich, wenn man nach der Diät die Ernährung dauerhaft auf eine ausgewogene Kost mit einem angemessenen Kaloriengehalt umstellt. Macht man jedoch nach einer Radikalkur einfach weiter wie zuvor, hat man die Pfunde schneller wieder auf den Hüften, als einem lieb ist. Manchmal sogar mehr als zuvor. Nur etwa zehn Prozent der Menschen, die abgenommen haben, schaffen es, ihr vermindertes Körpergewicht dauerhaft zu halten. Infolge machen viele erneut eine Hungerkur und alles beginnt von vorn. Das Ganze nennt sich dann Jo-Jo-Effekt.

Wissenschaftler am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke (DIfE) suchen daher nach neuen Wegen, Menschen zu helfen, ihr Körpergewicht auf einem normalen Niveau zu halten und dem Jo-Jo-Effekt entgegenzuwirken. Dieser Effekt wird dadurch begünstigt, dass sich der Energiestoffwechsel unseres Körpers durch das Hungern verändert. Im Detail passiert während einer Hungerkur Folgendes: In den ersten ein bis zwei Tagen greift der Körper auf seine Zuckerspeicher zurück. So sorgt er dafür, dass unter anderem das Gehirn ausreichend mit seiner bevorzugten Nahrung versorgt ist. Normalerweise benötigt das Gehirn pro Tag etwa 140 Gramm Traubenzucker, eine Menge, die etwa einem Dreierpack Traubenzuckertäfelchen entspricht.

Sind die Zuckerspeicher erschöpft, greift der Körper auf das Eiweiß in den Muskeln und auf die Fettreserven zurück. In dieser fortgeschrittenen Hungerphase dienen dem Körper bestimmte Eiweißbausteine und Glyzerin als Ausgangsmaterial für die Zuckerproduktion. Die Menge an Eiweißbausteinen ist jedoch begrenzt, da die Muskulatur nur in einem bestimmten Umfang abgebaut werden kann. Ein übermäßiger Abbau würde zum Beispiel den Herzmuskel schädigen. Um Zucker und damit auch Eiweiß zu sparen, nutzt das Gehirn neben Traubenzucker nun auch verstärkt Ketonkörper als Energiequelle, die beim Abbau von Fett entstehen.

Nach etwa zwei bis drei Wochen hat sich der Stoffwechsel dann vollständig umgestellt. Der Körper deckt jetzt seinen Energiebedarf vorwiegend durch den Abbau von Körperfett und kommt mit einer weitaus geringeren Energiemenge aus als zuvor. Der Jo-Jo-Effekt ist damit vorprogrammiert.

Wie Untersuchungen des DIfE zeigen, kann man dem Jo-Jo-Effekt entgegenwirken, indem man nach der Gewichtsreduktionsphase seine Ernährung auf eine ausgewogene Kost mit einem leicht erhöhten Eiweißanteil umstellt. Hiermit ist jedoch nicht gemeint, den Fleischkonsum zu erhöhen. Vielmehr sollte man verstärkt andere Eiweißquellen wie magere Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Fisch nutzen. Gleichzeitig sollte man Lebensmittel wie Weißmehlprodukte vermeiden, die zu einem raschen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels führen. Vollkornprodukte bieten hier eine gute Alternative.

Wenn man davon absieht, dass eine Hungerkur als Einstieg für eine dauerhafte Ernährungsumstellung dienen kann, nutzen sie aus medizinischer Sicht nicht wirklich. Befürworter des sogenannten Heilfastens gehen davon aus, dass man durch das Fasten den Körper von schädlichen „Schlacken“ befreit und so entgiftet. Aus wissenschaftlicher Sicht fallen jedoch im menschlichen Organismus keine „Schlackenstoffe“ an. Aufgenommene Nährstoffe werden im Körper umgewandelt, abgebaut und als Endprodukte des Stoffwechsels über die Niere, den Darm, die Lunge und die Haut ausgeschieden. Auch im Hungerzustand baut der Körper Eiweiße und Fette ab, wobei ebenso Stoffwechselprodukte anfallen, die letztendlich ausgeschieden werden. Die beim Fasten auftretenden Ausdünstungen über Atem und Haut sind zum Beispiel nicht die Folge eines Entgiftungsprozesses, sondern werden von den im Hungerzustand verstärkt produzierten Ketonkörpern verursacht. Zu diesen zählt auch das leicht flüchtige Aceton. Eine Substanz, die im Alltag verwendet wird, um Nagellack zu lösen. Über den Atem ausgeschieden, verursacht Aceton einen säuerlichen, obstähnlichen Mundgeruch.

Auch wenn mehrtägiges Fasten für gesunde Erwachsene nicht unbedingt gesundheitsschädlich ist, belastet es den Körper doch eher, als dass es ihn entlastet. Gerade nach längerem Fasten besteht die Gefahr eines Mineralstoff- und Vitaminmangels. Selbst bei kurzzeitigem Fasten kann es zu Problemen wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl oder einem akuten Gichtanfall kommen. Radikale Hungerkuren, die über einen Zeitraum von fünf Tagen hinausgehen, sollten daher nicht ohne ärztliche Aufsicht durchgeführt werden.

Die Autorin leitet am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) die Abteilung Physiologie des Energiestoffwechsels. Sie ist eine Expertin für Diäten sowie den menschlichen Energiestoffwechsel und hat eine gemeinsame Professur des DIfE und der Universität Potsdam inne.

Susanne Klaus

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