zum Hauptinhalt

PRO & Contra: Getrennte Schulen für Jungen und Mädchen?

Allein unter Mädchen – das fand ich toll und auch normal. Ich kannte das nicht anders: von der Unterstufe an bis zum Abitur.

Allein unter Mädchen – das fand ich toll und auch normal. Ich kannte das nicht anders: von der Unterstufe an bis zum Abitur. Ich war auf einem Mädchen-Gymnasium. Um etwas über sich selbst zu erfahren, konzentrieren sich Kinder am Anfang natürlicherweise aufs eigene Geschlecht. Mädchen suchen sich ihre besten Freundinnen, Jungs ihre Kumpels.

Die Beschäftigung mit dem anderen Geschlecht beginnt ja früh genug, spätestens in der Pubertät. Auch in der hormonbestimmten Zeit war das Homogene angenehm. Zumindest im Unterricht gab es keine Ablenkung durch männliches Balzverhalten. Stattdessen wartete die geballte Männlichkeit in großen Trauben nach Schulschluss vor dem Schultor. Also: Wir hatten selbstverständlich Kontakt zu jungen Männern.

Der größte Vorteil einer monoedukativen Lehranstalt aber ist die Freiheit, eigene Begabungen auszuloten, unabhängig von geschlechtsspezifischer Fächervorgabe: Naturwissenschaften sind die männliche Domäne, Sprachen, Soziales, Musik und Kunst – das ist was für Mädchen. Das ist so in den Köpfen und bestimmt das Wahlverhalten. Davon waren wir befreit. So hatten wir beispielsweise einen sehr starken Matheleistungskurs, aus dem übrigens eine Informatikerin und eine Physikerin hervorgingen. Ich weiß auch, dass Geschlechtertrennung nicht das Leben abbildet. Die Konzentration aber auf die eignenen Stärken jenseits der Klischees war eine gute Schule für die Zukunft. Nicola Klusemann

Sexualpädagogik in einer reinen Knabenklasse, das ist wie Russisch-Lernen in der DDR. Begegnete man “mal einem Russen, dann hatte der mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Uniform an und man rang sich verschämt ein „Guten Tag“ auf russisch von den Lippen. Das war nur selten der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Wer sich aber täglich begegnete, das waren Mädchen und Jungen in der Schule. Und so ist es aus guten Gründen hierzulande mehrheitlich immer noch. Das Neben- und Miteinander von Männlein und Weiblein kann doch nur als Normalität empfunden werden, wenn es von Kleinauf als normal erlebt wird. Freilich lernen Mädchen und Jungen unterschiedlich – weil sie unterschiedlich sind. Doch gerade diese Unterschiedlichkeit muss auch begriffen und mit ihr umzugehen gelernt werden. Mädchen müssen wissen, wie Jungs ticken und umgekehrt. Dies ist wahrscheinlich eines der wichtigsten Ziele sozialen Lernens: Geschlechtertoleranz. Wer beim ersten Rendezvous – beim ersten Date – erstmals mehr als zwei Sätze mit einem Mädchen (oder Jungen) redet, der macht wohl kaum Erfahrungen, die zu einem lebenslangen Lieben und Achten des anderen Geschlechts führen. Es gibt Systeme, die durch Sexualrepressivität versuchen, die gesamte menschliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Kirchen zum Beispiel, vom „Du sollst nicht Ehebrechen“ bis zu Zölibat und Kloster. Reine Jungen- oder Mädchengymnasien sind Spielarten davon. Kinder, wehrt Euch dagegen. Guido Berg

Nicola Klusemann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false