Aus dem GERICHTSSAAL: Getrunken, gekifft, gestohlen
Aus dem GERICHTSSAAL Manuel M. (27, Name geändert) lebte am Rande der Gesellschaft.
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Aus dem GERICHTSSAAL Manuel M. (27, Name geändert) lebte am Rande der Gesellschaft. Als kleines Kind von der Mutter verhätschelt, brach er während der Pubertät aus seinem goldenen Käfig aus, schloss Bekanntschaft mit Alkohol und Rauschgift. Die Schule verließ Manuel nach der 9. Klasse, fand Kontakt zur Hausbesetzerszene. Einen Beruf erlernte der intelligente junge Mann nicht. Statt dessen dröhnte er sich jeden Tag mit Drogen zu, kippte Hochprozentigen obendrauf. Die Sozialhilfe reichte gerade zur Befriedigung seiner Sucht. Manuel hauste in Lauben, leer stehenden Wohnwagen und Kellern, stahl, was er zum Leben brauchte. So auch am 16. Oktober 2002 im REWE-Supermarkt in der Waldstadt. Eine Feuertopf-Konserve sowie Geschnetzeltes waren hier Ziel seiner Begierde. Als der Ladendieb von einem Verkäufer ertappt und zur Rede gestellt wurde, drohte er, diesen abzustechen, warf die Beute in die Gegend, wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die zum Ort des Geschehens gerufenen Polizisten, die dabei leicht verletzt wurden. Er beschimpfte sie als Wichser, Faschisten und Nazischweine. Exakt einen Monat später wurde Manuel M. in den Bahnhofspassagen beim Diebstahl eines Paares Kopfhörer im Wert von 299 Euro geschnappt, stellte dem Detektiv daraufhin in Aussicht, ihn zu erschießen, sobald er eine Waffe in die Hand bekäme. Bei Edeka in Babelsberg steckte der Langfinger Haarfärbemittel und eine Flasche Wein in seinen Rucksack. „Der Hunger trieb mich in die Kaufhalle“, erklärt der wegen räuberischen Diebstahls, Diebstahls geringwertiger Sachen, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sowie Beleidigung vor dem Schöffengericht Angeklagte den Konservenklau. Die Kopfhörer sollten verkauft werden. Einen Abnehmer habe er bereits im Auge gehabt. „Das Haarfärbemittel war für mich“, so der Pferdeschwänzige. „Und die Flasche Wein wollte ich mit Freunden trinken, meine Entlassung aus der Untersuchungshaft feiern.“ An Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern, da er zum Zeitpunkt der Diebstähle „bekifft“ war. „Es kann durchaus sein, dass ich die Leute mit Schimpfworten belegt habe“, gesteht Manuel M., der sich seit zehn Jahren in psychiatrischer Behandlung befindet. Das Gericht beauftragte Ingolf Pietzker, Facharzt für Psychiatrie, den Angeklagten auf seine Schuldfähigkeit hin zu begutachten. Der Experte kam zu dem Schluss, Manuel M. leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Zügen. Jedoch seien seine Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Der Angeklagte sei kaum bereit, gesellschaftliche Normen zu verinnerlichen und nach ihnen zu leben. Er müsse lernen, Verantwortung zu übernehmen. Inzwischen sei sein Lebensstil grundlegend anders, beteuert Manuel M. Seit Februar konsumiere er keine Drogen mehr , „um nicht völlig den Verstand zu verlieren“. Er besitze jetzt eine Wohnung, werde in wenigen Wochen Vater. Ein Berufswunsch habe konkrete Formen angenommen, erste Kontakte mit dem künftigen Ausbilder seien geknüpft. Das Schöffengericht verurteilt den Potsdamer zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Manuel M. muss sich während dieser Frist einer ambulanten Drogentherapie unterziehen und binnen sechs Monaten 150 Stunden unentgeltlich arbeiten.
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