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Landeshauptstadt: Gewaltige Wut gegen das eigene Kind Selbsthilfegruppe für betroffene Eltern

Begonnen hatte es bei Carsten Stolze * als seine Tochter etwa einen Monat alt war. „Die Freude über die Geburt war vorüber und die Alltagsprobleme rückten wieder in den Vordergrund.

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Begonnen hatte es bei Carsten Stolze * als seine Tochter etwa einen Monat alt war. „Die Freude über die Geburt war vorüber und die Alltagsprobleme rückten wieder in den Vordergrund.“ Irgendwann, als die Beziehungsprobleme groß waren und das Kind auch noch schrie, wurde Carsten Stolze grob gegenüber seinem Nachwuchs. „Ich habe richtig gespürt, wie die Aggressionen übermächtig wurden und wie befreiend es war, als ich beim Anziehen an ihr herumzerrte.“

Diesem erstem Ausrutscher folgten weitere. „Mal habe ich das Kind geschüttelt, mal hin- und hergezogen.“ Kurz nach den Wutgefühlen spürte er jedoch sofort Schuld. „Was mache ich da eigentlich?“, fragte er sich. Aber das Gefühl der Macht über den kleinen Menschen sei gleichzeitig reizvoll.

Der 27-Jährige will sich damit aber nicht abfinden, „auch wenn ich bereits Fortschritte gemacht habe“. Wenn er spürt, dass die Wut wieder wächst, zieht er sich zurück. „Ich gehe aus der aktuellen Situation heraus, gebe das Kind an meine Frau und verschwinde, bis ich mich wieder beruhigt habe.“

Dass er mit seinen Gefühlen nicht allein ist, glaubt nicht nur Stolze selbst. Angelika Tornow, Geschäftsführerin des Potsdamer Selbsthilfezentrums ermunterte den 27-Jährigen, eine Selbsthilfegruppe für Eltern mit Aggressionen gegen ihre Kinder zu eröffnen. Am Freitag, dem 9. Juni, um 18 Uhr, ist in der Hermann-Elflein-Straße 11 das Gründungstreffen geplant. Es soll ein Angebot an all jene Eltern sein, die in ähnlichen Situationen stecken, und versuchen wollen, diese Gefühle abzustellen oder zumindest steuern zu können. „Wichtig ist, dass die Betroffenen ihr Verhalten überdenken wollen“, so Stolze. „Außerdem sollte auch über die Ursachen nachgedacht werden.“ Dass dazu auch professionelle Unterstützung gehört, ist dem jungen Vater bewusst.

Unklar ist jedoch, was bei Erzählungen mit möglicherweise strafrechtlichem Inhalt passiert. „Ich gehe davon aus, dass solche Informationen zunächst ähnlich wie bei Ärzten oder Therapeuten einer Schweigepflicht unterliegen“, glaubt Stolze. Nur so würde das Ziel der Selbsthilfegruppe erreicht werden: „Die Bereitschaft, sich einem Problem zu stellen, welches allein nicht zu lösen ist.“ KG (*Name von der Redaktion geändert)

Betroffene Eltern können sich an das Potsdamer Selbsthilfezentrum Sekiz in der Hermann-Elflein Straße 2 wenden oder sich unter Tel.: (0331) 62 00 280 bzw. per E-Mail: hilfe@sekiz.de anmelden.

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