Von Erhart Hohenstein: Glasbrücke führt in den Marmorsaal
Verbesserte Möglichkeiten für Besucher des Neuen Palais / Fußboden-Balken durch Schwamm geschädigt
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Sanssouci - Auf einer Glasbrücke, die den Ornamentfußboden schützt, sollen ab den nächsten Tagen die Besucher des Neuen Palais wenigstens einige Schritte weit in den gesperrten Marmorsaal gehen können und so einen Eindruck von dem friderizianischen Raumkunstwerk gewinnen. Das teilten der zuständige Architekt Volker Thiele und Steinrestaurator Stefan Klappenbach am Sonnabend bei der Premiere der „Expertenführungen“ mit.
Die Schlösserstiftung will mit dieser Reihe Besuchern die Gefährdung der Baudenkmale des Welterbes und die Bemühungen um ihre Rettung nahe bringen. Für die Sanierung wurde ein Masterplan aufgelegt, für den im nächsten Jahrzehnt 155 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Dabei spielt das größte Potsdamer Königsschloss eine Hauptrolle, soll es doch im Jahr 2012 Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs Friedrich II. sein.
Der Marmorsaal musste gesperrt werden, weil die Tragfähigkeit des Fußbodens für größer Touristengruppen nicht mehr ausreicht. Die 1766 bis 1768 eingebaute Konstruktion war von Anfang an statisch unzureichend, wurde aber vom König als Bauherr gegenüber dem Architekten Gontard durchgesetzt. Sie besteht aus Holzbalken, die auf 18,40 Meter Breite den gesamten Raum überspannen. Sie tragen den 90 Tonnen schweren Fußboden des Marmorsaal, außerdem ist an ihnen die Decke des darunter liegenden Grottensaals mit ihren kostbaren Stuckaturen und dem Deckengemälde aufgehängt. Durch Schädlinge wie den Weißen Porenschwamm oder den Holzwurm sind wahrscheinlich vor allem die Balkenköpfe stark angegriffen.
Wie Volker Thiele mitteilte, steht die Untersuchung der Balkenlagen vor dem Abschluss. Dafür wurde eine sonst für Lecks in Rohrleitungen verwendete Kanalkamera eingesetzt. In einen Schlauch eingesetzt und in die nur 30 bis 40 Zentimeter breiten Zwischenräume der Balkenlagen eingeschoben, filmte sie die Oberfläche von 47 der 70 Balken. Der so entstandene Videofilm hat eine Länge von fast einem Kilometer. Mittels des Impuls-Radarverfahrens wurden Informationen vor allem über Bolzen und andere bei dem Bau verwendeten Metallteile gewonnen. Zudem ist zur Garten- und zur Innenseite des Saals ein Randstreifen aufgenommen worden, der bei weiteren Untersuchungen für sogenannte Revisionsöffnungen genutzt werden kann.
Noch im Sommer soll eine Sanierungsplanung vorgelegt werden, die auf den Untersuchungsergebnissen aufbaut. Thiele und Klappenbach gehen nicht davon aus, dass der mit Blumenmotiven farbig ausgelegte, europaweit kostbarste und mit 516 Quadratmetern (entspricht der Grundfläche eines stattlichen Einfamilienhauses) größte Marmorfußboden aus dem Barock komplett aufgenommen werden; mindestens ein Fünftel würde dabei verloren gehen. Wahrscheinlich ist vielmehr eine Variante, die Teile des Saals wieder für die Führungen betretbar macht. Ein Ball- und Veranstaltungssaal werde er aber nicht wieder.
Erhart Hohenstein
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