Landeshauptstadt: Gleichberechtigung – ohne Mädchen?
Gericht: Opus Dei könnte in Potsdam doch noch eine Jungen-Schule eröffnen
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Im Streit über das bundesweit erste Jungengymnasium der als fundamentalistisch geltenden katholischen Geheimorganisation Opus Dei in Potsdam hat das Land eine Niederlage erlitten. Die Ablehnung des Antrags der erzkonservativen Organisation aus dem Jahr 2007 sei hinfällig, er müsse neu geprüft werden, urteilte das Verwaltungsgericht Potsdam am Freitag. Das Bildungsministerium will die Urteilsbegründung zunächst prüfen, werde aber voraussichtlich Berufung beim Oberverwaltungsgericht einlegen, sagte Sprecher Stephan Breiding.
Das Ministerium hatte die Genehmigung im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, dass die Geschlechtertrennung dem nach dem Brandenburgischen Schulgesetz für staatliche Schulen geltenden Grundsatz der gemeinsamen Erziehung und Unterrichtung von Mädchen und Jungen (Paragraf 4, Satz 7/Koedukation) nicht entspräche. Aus diesem Grund könne ein entsprechendes Jungen-Gymnasium kein Ersatz für eine staatliche Schule sein und auch nicht als Schulversuch genehmigt werden.
Dieser Argumentation folgte die Kammer nicht. Maßgeblich sei das Erziehungsziel der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dass dieser Zielsetzung „auch an einer nach Geschlechtern getrennten Schule Rechnung getragen werden könne“, sei jedenfalls nicht auszuschließen. Dies habe das Ministerium aber nicht hinreichend geprüft.
Eine Berlin-Brandenburger Elterninitiative, die dem selbst unter Katholiken umstrittenen Opus Dei angehört, will die Schule errichten. Träger und Kläger ist die Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft e.V. Köln. Diese betreibt seit 1972 in Jülich (Nordrhein-Westfalen) eine Mädchenschule. Der Antrag hatte in Potsdam und darüber hinaus für Wirbel gesorgt. Die Potsdamer Stadtverordneten hatten sich gegen das Projekt ausgesprochen. Opus Dei wurde immer wieder wegen sektenähnlicher Strukturen und obskurer Bußpraktiken kritisiert. Papst Johannes Paul II. nutzte die Organisation um liberale Kirchenströmungen und Freiheitsbewegungen in Lateinamerika zurückzudrängen.
Die Kläger begrüßten das Urteil. Man hoffe, dass das Land nun diesen alternativen Ansatz tolerieren werde, sagte der Geschäftsführer des Vereins, Horst Hennert. „Es kommt auf die pädagogischen Inhalte an“, erklär Richter Volker Deppe in der Verhandlung. Die Koedukation an sich habe keinen Verfassungsrang, sei eher Methode als Ziel. dpa/pet
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