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Landeshauptstadt: Globalisierung im Hinterzimmer

Chinesischer Botschafter spricht bei Katherina Reiche über Wachstum, Kohle, Klima und Tibet

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„Die Welt zu Gast in Potsdam“ heißt die Reihe, in der die CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche Diplomaten einlädt, ihr Land vorzustellen. Am Dienstagabend kam China in den Fontane-Saal des Voltaire-Hotels. China zu Gast beim CDU-Ortsverband Innenstadt, begleitet von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ist man dort auch bereit für seine Exzellenz Ma Canrong, Vertreter knapp eines Fünftels der gesamten Weltbevölkerung?

Vier Stuhlreihen, Kunstlicht, ein Flipchart, Wasserfläschchen auf dem Tisch. Die fünftstärkste Volkswirtschaft der Erde wird sich vorstellen wie auf einer Firmenpräsentation. So um die vierzig Potsdamer sind der Einladung gefolgt.

Der Botschafter spricht gutes Deutsch, er liest seinen Vortrag zum Thema „China, ein Wirtschaftswunderland“ gut verständlich vom Manuskript. Auf dem stehen die fantastischen Zahlen über das Reich der Mitte. Seit 30 Jahren, „der Einführung der Öffnungspolitik“, so Ma, liefere China ununterbrochen jährliche Wachstumsraten zwischen 8,5 und zehn Prozent. Ma spricht genau jene Dinge an, die den Deutschen Angst machen könnten. Zunächst den Energiebereich, denn das Riesenreich im Daueraufschwung soll einen unvorstellbaren „Energiehunger“ besitzen.

Beruhigend also die Botschaft, dass China anstrebt, sich selbst zu versorgen. Allein die gigantischen Kohlevorkommen reichten noch 100 Jahre. „China wird nicht alle Ölreserven aufkaufen, da müssen sie keine Angst haben“, lacht Ma ein sehr zuversichtliches Lachen in den Saal. Egal ob er über Umweltzerstörung redet, den Schutz des geistigen Eigentums oder Chinas Bemühungen, den Lebensstandard der 800 Millionen Chinesen zu heben, die abseits der modernen Megastädte leben: Der Botschafter Chinas verbreitet einen optimistischen Konfuzianismus: „Wir haben bereits große Fortschritte gemacht“, sagt Ma zu jedem beliebigen Thema, „die Probleme sind sehr groß, wir haben sie erkannt, es dauert noch eine Weile, bis wir das Ziel erreicht haben werden.“

Ma beschrieb die Industrienation als äußerst friedliebendes „Entwicklungsland“. Ein verantwortungsbewusster Partner, der ideal für deutsches Kapital und deutsche Technologien sei, die das Wachstum „in beidseitigem Interesse“ steigern könnten. „Ganz schummrig“ sei ihr bei diesen Daten geworden, gab Katherina Reiche ehrlich zu und eröffnete die Diskussion. Es dauerte nicht lange, da wurde vorsichtig die erste Frage zu Tibet gestellt. Sicher dürfe man diese Frage stellen, sagte der Botschafter selbstbewusst. Denn zu Tibet, das „Teil und Provinz Chinas sei“, gäbe es eine klare und konsequente Politik. Wenn der Dalai Lama seine „Abspaltungspolitik“ aufgäbe, könne er zurückkehren und seinen Lebensabend in China verbringen. Den vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen in Tibet begegnete Ma mit einem Hinweis, dass sich seit 1959, dem „Aufstand des Dalai Lamas“, die Lebenserwartung der Tibeter geradezu verdoppelt habe. Grundsätzlich stehe in China die Entwicklung eben vor den Menschenrechten, so Ma. Und niemand in China müsse heute noch hungern. Katherina Reiche erkannte wohl die Peinlichkeit der Situation für ihren Gast und erlöste ihn vom heiklen Thema, ohne Stellung zu nehmen. Sie leitete geschickt auf das Kyoto-Protokoll über. Die Maßnahmen zur CO2-Reduktion hat China nämlich unterschrieben, die USA noch nicht.

Matthias Hassenpflug

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