Landeshauptstadt: Glockenspiel mit Fäusten und Füßen
LEUTE IN POTSDAM Olaf Sandkuhl steigt völlig verschwitzt aus der Enge des Glockenspielturms auf dem Alten Friedhof, der 1985 nach Plänen des Malers Werner Nerlich errichtet wurde. Mit Fäusten und Füßen hat er das Carillon – das Handglockenspiel – „traktiert“, um ihm wohlklingende Melodien zu entlocken.
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LEUTE IN POTSDAM Olaf Sandkuhl steigt völlig verschwitzt aus der Enge des Glockenspielturms auf dem Alten Friedhof, der 1985 nach Plänen des Malers Werner Nerlich errichtet wurde. Mit Fäusten und Füßen hat er das Carillon – das Handglockenspiel – „traktiert“, um ihm wohlklingende Melodien zu entlocken. Die Klöppel der Glocken stehen mit einem Stockspieltisch in Verbindung und werden so nach Wunsch und Willen angeschlagen. Das Glockenspiel hat Sandkuhls ganzes Leben verändert, hat ihn von Potsdam nach Rostock umziehen und den Beruf wechseln lassen, wird ihn demnächst in viele Städte Deutschlands führen und brachte ihn auch wieder nach Potsdam zurück. Hoffentlich nicht zum letzten Mal. Denn Sandkuhl reist gerade wieder mit einem vier Tonnen schweren Glockenspiel, dessen 37 Bronzeglocken auf einen Lkw montiert sind, durch die Lande. Er entlockt diesem seltenen Instrument, für das er selbst komponiert und bekannte Melodien arrangiert, die unterschiedlichsten Klänge von Kirchenmusik bis Schlager. Auch in Potsdam würde er gern auftreten, hat aber noch keinen Partner gefunden, der das Gastspiel ermöglicht. Olaf Sandkuhl war schon 1977 auf das Glockenspiel aufmerksam geworden, als in Magdeburg im Rathausturm ein Carillon mit 47 Bronzeglocken installiert wurde. Als Kind hatte Olaf die Musikschule besucht und später auch das Orgelspielen erlernt. „Das war nicht so weit entfernt von der Art, ein Carillon mit Händen und Füßen zu bearbeiten“, erklärte er bei seinem Potsdam-Besuch. „Ich habe mir das ziemlich schnell angeeignet und mal hier mal da ein Glockenspiel erklingen lassen. Doch vorerst einmal studierte Sandkuhl Maschinenbau in Magdeburg und arbeitete von 1981 bis 1986 zuerst als Konstrukteur im Halbleiterwerk Stahnsdorf und dann im Ernährungsinstitut Rehbrücke. Als sich Rostock 1986 ein Glockenspiel am Universitätsplatz leistete, holte es sich den versierten Glockenspieler in die Ostseestadt und gab ihm die Gelegenheit, noch einmal zu studieren: Sandkuhl belegt die Fächer Klavier und Komposition, hat heute sein eigenes Musikstudio und ist als Pädagoge tätig. Jeden Samstag aber lässt er pünktlich 12 Uhr das Glockenspiel am Uni-Platz erklingen.dif
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