zum Hauptinhalt

DASwar’s: Glück liegt auf der Straße

Es heißt, das Glück liege auf der Straße. Man müsse nur die Augen offen halten.

Stand:

Es heißt, das Glück liege auf der Straße. Man müsse nur die Augen offen halten. Aber wer denkt da schon immer dran. Bei Potsdams Straßenverhältnissen finde ich es zudem extrem schwierig, auch nur einen Moment von Glück zu bekommen, obwohl ich da ganz anspruchslos bin: Ein einziges Mal eine grüne Welle und ich wäre happy.

Vorgestern war ich allerdings für einen Glücksfall sensibilisiert. Am Bassinplatz klebten an einem Stromverteilerkasten zwei DIN-A4-Blätter. Auf dem einen stand quer in großen Buchstaben „Hoffnung“ geschrieben. Auf dem anderen „Liebe“. Darunter stand jeweils die Aufforderung: „Nimm dir so viel Du brauchst!“ Man konnte kleine Schnipsel abreißen, auf denen „Sonne“, „Freiheit“, „Lächeln“, „Hoffnung“, „Liebe“, „Wärme“ oder „Glück“ standen. Ich habe „Glück“ abgezupft und mir den Schnipsel in die Hemdtasche gesteckt.

Nun ist es ja nicht so, dass man pausenlos daran denkt, was einem an Glück passieren kann. Doch der Zettel in meiner Tasche schien mich zu treiben, ständig mein Glück zu finden. Die gefühlte Quote von sechs Stopps an vier Ampeln machte die Hoffnung auf eine grüne Welle aber schnell zunichte. An einer Apothekentür bemerkte ich einen Hinweis: „Wir haben noch Mücken- und Zeckenspray!“ Ich bin rein und habe die Apothekerin gefragt, ob es denn tatsächlich ein Glücksfall ist, dass es hier noch Mücken- und Zeckenspray gibt. „Zumindest haben wir noch was, während es in Drogerien wohl nichts mehr geben soll. Wegen der Mückenplage“, meinte sie.

Am Abend fragte mich mein Sohn, ob ich mit ihm angeln gehen wolle. Ich bin alles andere als ein ausgewiesener Petrijünger, aber ich habe mich gefreut, dass es ihm mit seinen 16 Jahren nicht zu uncool ist, sich mit mir an die Neustädter Havelbucht zu setzen. Mit Hocker und Stippe sind wir los. Kaum aus dem Haus, fiel uns ein, dass wir gar keinen Köder hatten. Der Döner-Fritze an der Ecke schenkte uns die Reste seines Tagwerkes: ein Tüte mit Fladenbrotstreifen. Es dämmerte schon, als wir vor der „Seerose“ den Angelhaken präparierten. Unser Fladenbrotköder erwies sich als äußerst tauglich: Schon nach ein paar Minuten zappelte ein Fisch am Haken – so groß, dass die Sehne riss.

Es dauerte einen Moment, bis wir begriffen, wie lustig die ganze Aktion war: ein spontaner Angeltrip, eine Tüte Fladenbrot, ein dicker Fisch – was für eine Glückssträhne. Nur die Mücken waren eine Plage. Man muss halt zugreifen, wenn das Glück auf der Straße liegt.

Peter Könnicke ist freier Journalist und arbeitet als Lauf- und Fitnesstrainer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })