
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Goldfliesen ohne Glanz
Mutwillige Beschädigungen der Mosaiken im Maurischen Kabinett kosten Verein mehrere tausend Euro
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„Kratzer und Schaber“ machen sich auf dem Pfingstberg zu schaffen. Seit der Wiedereröffnung des Maurischen Kabinetts im Jahr 2003 sind die vergoldeten Fliesen, mit denen der Raum ausgekleidet ist, immer wieder Ziel von Beschädigungen. Die Vergoldung im Trauungsraum des Belvederes auf dem Pfingstberg hat inzwischen durch Ritzungen, Abschabungen, aber auch eingekratzte Buchstaben, Zahlen und Worte an Glanz verloren. Als Betreiber des Pfingstbergs steht der Förderverein vor der Aufgabe, nicht nur einzelne Fliesen, sondern ganze Bänder restaurieren oder neu vergolden zu lassen. „Da auch am Aufgang zum Westturm solche unerfreulichen Spuren beseitigt werden müssen, rechnen wir mit mehr als 3500 Euro Kosten“, schätzt Vereinsgeschäftsführer Karsten Riehm.
Allein könne der Verein diese Mittel nicht aufbringen, auch wenn der mit den Arbeiten betraute, auf Architekturfassungen spezialisierte Restaurierungsbetrieb von Hans Karo das Blattgold sponsert. Deshalb wird um Spenden gebeten. mit den Geldgaben hofft Riehm, die Restaurierung im kommenden Jahr zu bewältigen.
Ebenso wenig wie der Geschäftsführer geht der bereits in der DDR-Zeit für die Denkmalpflege tätige Teltower Malermeister Karo davon aus, dass die Fliesen gezielt von einer Gruppe beschädigt wurden. „Vergoldungen üben eine unerklärliche Anziehungskraft aus“, weiß er aus Erfahrung. „Viele Betrachter wollen unbedingt ergründen, ob es sich um echtes Gold handelt.“ Dennoch müssen die „Kratzer und Schaber“, wenn denn mal einige gefasst werden, mit einer Anzeige und empfindlichen Geldstrafen rechnen. Falls nach der grundlegenden Restaurierung den Fliesen erneut kleine Beschädigungen zugefügt werden, will Karo sie sogleich beseitigen, „denn so etwas regt zur Nachahmung an“.
Mit den 1200 Fliesen in Rot, Blau und Gold, Weiß, Türkis und Schwarz hatte der Bauherr König Friedrich Wilhelm IV. das Maurische Kabinett am Aufgang zum Ostturm des Belvederes auskleiden lassen. Sie zeigen achteckige Sterne in zwei diagonal übereinander gestellten Quadraten. Hersteller war, wie die Signatur nachweist, die damals berühmte Berliner Tonwarenfabrik des Keramikers Tobias Christoph Feilner.
Mit der Sanierung des Belvederes ab den 1990er Jahren wurde auch die Wandverkleidung des Kabinetts wiederhergestellt. Die Fliesen wurden in der Sieversdorfer Ziegelei „Golem“ nachgebrannt, die Ornamente durch die Meißener Firma Porzellanveredlung Steffen Richter erneuert. Als Vorlage dienten Originalfliesen, die von Potsdamern nach einem Zeitungsaufruf zur Verfügung gestellt oder bei der Wiederherstellung des Pfingstbergparks ausgegraben wurden. Sie waren zum Verfüllen von Schützengräben verwendet worden. Zu Hilfe kamen den Restauratoren auch privat aufgenommene Fotos aus dem Jahr 1944. Die wenigen Originalfliesen wurden wieder mit eingebaut.
August Kopisch hatte in seinem Werk über die Potsdamer Schlösser und Gärten 1854 das Gemach dem vornehmlich im Orient tätigen Architekten Carl von Diebitsch zugeschrieben, der es im Stile der Alhambra „mit bunten glasirten Thonmosaiken bekleidet“ habe. Neuere Forschungen ergaben jedoch, dass ein Raum im Normannenpalast in Palermo die Anregung für das Kabinett auf dem Pfingstberg lieferte. Den „Stanza di Ruggero“ genannten Raum hatte Ludwig Ferdinand Hesse, einer der Architekten des Belvederes, auf einer Italienreise aufgesucht und skizziert. Erhart Hohenstein
Spenden können auf das für die Erhaltung der Anlagen auf dem Pfingstberg bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam eingerichtete Konto 350 301 1101, BLZ: 160 500 00, Stichwort Maurisches Kabinett eingezahlt werden
Erhart Hohenstein
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