Landeshauptstadt: Goldkreuz mit Zeitdokumenten
Landesbischof Wolfgang Huber erteilte „höchsten Segen“ für Kuppelkreuz der Nikolaikirche
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Innenstadt - Der Segen in über 70 Metern Höhe auf der Kuppel der Nikolaikirche war sicher der höchste, den Landesbischof Wolfgang Huber am gestrigen Reformationstag erteilte. Anlass war die Weihe des zwei Meter siebzig hohen Kuppelkreuzes und das Einsetzen der Kupferkassetten mit alten und neuen Zeit-Dokumenten.
„Das war sehr beeindruckend“, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck, als er nach Ende der Zeremonie wieder aus dem Baustellenaufzug stieg. Und: „Da hinauf kommt man sobald nie wieder.“ Zunächst ging es mit dem Aufzug 28 Meter hoch, von da an zu Fuß über Metalltreppen die restlichen fünfzig Meter. Der Wind wehte scharf in dieser Höhe und versetzte die von den Gerüstbauern errichtete Plattform ins Schwanken.
Das Kreuz, das auf einer „Weltkugel“ steht, war im Rahmen der Sanierung der Außenhülle der Kirche abgenommen worden. Wie berichtet, wurde im Innern des Kuppelkreuzes eine Kupferkassette gefunden. Wie die Gemeinde mitteilt, war diese Kassette 1962 heimlich von Mitgliedern des Gemeindekirchenrates in das Kreuz eingeschweißt worden. Bei der Öffnung der Kassette wurde unter anderem eine Liste der 1962 wegen ihres kirchlichen Engagements im Zuchthaus sitzenden Brandenburger Christen gefunden.“ Laut Anja Kriebel, Pressesprecherin der Nikolai-Kirchengemeinde, hätten wegen der brisanten Dokumente zu DDR-Zeiten nur wenige Menschen vom Inhalt des Kuppelkreuzes gewusst. „Hätte die damalige Obrigkeit davon erfahren, wären weitere Verhaftungen die Folge gewesen“, so Kriebel.
Joachim Uhlig vom Gemeindekirchenrat brachte die zwei zugeschweißten Kassettenteile zum Kreuz. Wie er berichtet, enthalte die eine die früheren Dokumente aus dem Jahre 1962 und die andere neuere Unterlagen. Unter diesen befinde sich unter anderem die Rede von Manfred Stolpe zum 25. Jahrestag der Wiedereinweihung der Nikolaikirche sowie die Festrede des damaligen polnischen Außenministers Skubiszewski zum ersten Tag der Deutschen Einheit. In der zweiten Kassette werde außerdem über das Schicksal der 1962 noch in Haft befindlichen Christen berichtet. Viele hätten das Ende der DDR nicht mehr erlebt, aber einige seien noch heute aktive Glieder der Nikolaigemeinde.
Das Kuppelkreuz thront auf einer Kugel mit einem Meter Durchmesser. Beide Teile bestehen aus Kupfer und sind in einer Werkstatt in Ottendorf-Okrylla bei Dresden neu vergoldet worden. „Es ist das gleiche Gold, welches auch für das Fortunaportal verwendet wurde“, berichtet Uhlig. Das Besondere: Es ist viermal so dick wie normales Blattgold, so dass eine besonders lange Haltbarkeit gewährleistet sei. 18 000 Euro habe die Vergoldung gekostet. Das gesamte Stahlgerüst der Laterne, welches das Kuppelkreuz trägt, wurde repariert und feuerverzinkt, berichtet Architekt Bernd Redlich. Im Sommer des nächsten Jahres werde der zweite Bauabschnitt beendet und die Nikolai-Kuppel wieder unverhüllt sichtbar sein, so der Architekt. Die Arbeiten sind gewissermaßen die Rettung in letzter Minute, denn die Bauschäden hatten ein Ausmaß erreicht, dass die Substanz der Kirche akut gefährdete. Das undichte Dach muss repariert, das Mauerwerk entsalzt und alles neu verputzt werden.
Im Anschluss an die Kuppelkreuzzeremonie wurde in der St. Nikolaikirche gestern Abend der Reformationsgottesdienst der Landeskirche, an dem Bundespräsident Horst Kühler teilnahm, gefeiert. Verfassungsrichter Udo di Fabio hielt anschließend einen Vortrag zum Thema „Staat und Kirchen.“
Günter Schenke
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