Landeshauptstadt: Grabengel betet wieder
Geyer-Denkmal für mit 15 Jahren an Diphterie gestorbene Elsbeth Rosenthal erhielt Hände zurück
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Der Grabengel für Elsbeth Rosenthal hat seine zum Gebet gefalteten Hände zurück. Sie waren der Sandsteinskulptur auf dem Bornstedter Friedhof wohl durch einen herabfallenden Ast abgeschlagen worden. Unbeachtet lagen sie zwischen dem Efeu, dann wurden sie durch eine Friedhofsgärtnerin geborgen. Nun hat ein Steinmetz der Figur die Hände wieder angefügt. Dafür sorgte die Familienstiftung Hermann Sello, der dieser Teil des Friedhofs gehört.
Elsbeth Rosenthal ist keine der großen Persönlichkeiten, wie sie mit der Hofgärtnerfamilie Sello, mit Lenné, Persius und den Nietners dort bestattet sind. Im als Standardwerk geltenden Werk von Deisenroth wird sie nur kurz mit Geburts- und Sterbejahr erwähnt. Dabei ist ihr Schicksal anrührend und bewegend. Das junge Mädchen starb 1885 mit nur 15 Jahren an Diptherie, als Lieblingsschwester beweint von ihrem Bruder Kurt Erdmann Rosenthal. Er war es, der ihr das Grabmal mit dem Engel setzen ließ. Dafür gewann er mit Otto Geyer (1843 bis 1914) einen der bekanntesten Bildhauer seiner Zeit. Geyer ist unter anderem Schöpfer des Figurenfrieses an der Hauptfront des Berliner Roten Rathauses und des berühmten Auferstehungsengels auf dem Luisenstädtischen Friedhof in Kreuzberg. Der Bildhauer wählte die für einen Grabengel ungewöhnliche Gestalt eines jungen Mädchens, das unbefangen und erwartungsfroh in die Welt blickt. Der Künstler hat seinen vollen Namen seitlich in den Sandstein gemeißelt; offensichtlich hielt er die Skulptur für sehr gelungen.
Wie Elsbeth ruhen auch ihre Eltern, Hermann Heinrich und Pauline Rosenthal, auf dem Sello-Friedhof. Sein Begründer, Hermann Ludwig Sello (1800 bis 1876), hatte das 1842 von seiner Mutter einem Bornstedter Landwirt abgekaufte Grundstück als letzte Ruhestätte nicht allein für seine engste Verwandtschaft bestimmt, sondern auch für verschwägerte Familien, darunter Hofgärtner Theodor Eduard Nietner (1790 bis 1871) und dessen Nachkommen. Da Elsbeth Rosenthals Mutter Pauline eine geborene Nietner war, fanden Verstorbene dieser Familie hier ebenfalls ihren Platz.
Dem Industriellen Kurt Erdmann Rosenthal hat die 1872 von Hermann Sello gegründete Familienstiftung viel zu verdanken. Als zwischen den beiden Weltkriegen das Vermögen fast aufgebraucht war, wurde er zum Retter der Stiftung, indem er ihr sein beträchtliches Vermögen zusprach. In einer Satzungsänderung wurde die Pflege des Familienzusammenhaltes als Hauptzweck neu festgelegt. Rosenthal begründete in Europa die Carbid und Acetylenproduktion und leitete bis 1938 als Generaldirektor die Brandenburgischen Electricitäts-, Gas- und Wasserwerke AG. Obwohl er väterlicherseits jüdischer Abstammung war, wagten die Nazis wohl nicht, den einflussreichen Mann anzutasten und wandten die Nürnberger Rassengesetze nicht auf ihn an.
Nach der Wiedervereinigung finden die Familientage der knapp 200 Personen umfassenden Sello-Stiftung seit 1991 wieder an ihrem Gründungsort Potsdam statt, der nächste 2011. Wie Vorsteher Hans-Joachim von Buchka gegenüber PNN äußerte, kommen die Erträge des Vermögens in erster Linie Pflege und Erhalt des Friedhofs zugute. „Wir sind uns bewusst, dass wir die Verantwortung für ein hochwertiges kulturgeschichtliches Denkmal tragen“, erklärte er. Jüngst sei mit Förderung durch die Denkmalpflege und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Umfassungsmauer nahe der Ruhestätte des Chefs des Königlichen Zivilkabinetts Ernst Emil Illaire erneuert worden, die Arbeiten am Grabmal ständen vor dem Abschluss. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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