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Saskia Hüneke, Günther Vandenhertz, Horst Gramlich und Bernhard Wendel (v.l.) während der Diskussion über Potsdams Wendejahre.

© Manfred Thomas

Von Günter Schenke: Gramlich: „Schloss war mir fremd“

Urania-Diskussion zum Kampf um die Potsdamer Mitte nach der Wende

Stand:

Innenstadt – „Hier ruht Ihr festlicher Theaterabend“ – diese Inschrift mit weißer Farbe auf dem grauen Beton des Theaterrohbaus am Alten Markt 1990 symbolisiert den Kampf um die Potsdamer Kultur und Architektur nach der Wende. Verantwortliche Mitarbeiter des damaligen Magistrats der Stadt ließen Donnerstagabend in der Urania diese Auseinandersetzungen wieder lebendig werden: Horst Gramlich, in jenen Jahren Oberbürgermeister, die damalige Kulturstadträtin Saskia Hüneke, Stadtarchitekt Bernhard Wendel und Architekt Günther Vandenhertz. Letzterer hatte 1968 einen Architekturpreis für eine Mehrzweckhalle, die am Alten Markt entstehen sollte, errungen. „Wie waren Ihre Gefühle damals, als Sie den Preis erhielten?“, will Moderatorin Karin Flegel wissen. Vandenhertz berichtet, dass nicht er allein, sondern ein Büro von zirka fünfzig Leuten („so etwas gibt es heute gar nicht mehr“) an dem Entwurf gearbeitet hatte. Er sei 1953 nach Potsdam gekommen und habe die Zerstörung der alten Stadtstruktur gegen aussichtslose Widerstände erleben müssen. „Der Krieg hat Potsdams Struktur nicht zerstört, es war vielmehr die Zeit nach 1953“, sagt der Architekt.

Gramlich und Hüneke mussten den Baustopp und den anschließenden Abriss des halb fertigen Theaters durchstehen – gegen massive äußere Widerstände und scheinbare Vernunftgründe. „Der Gedanke an ein Schloss war mir damals völlig fremd“, bekennt Gramlich. Allerdings: Für die Vollendung des halb fertigen Rohbaus hätten wohl noch Mittel vom Land beschafft werden können, für einen Neubau an anderer Stelle schien das nach damaliger Überzeugung unmöglich zu sein.

Ein Theater auf dem Alten Markt kam selbst den Verantwortlichen am Ende der DDR-Zeit nicht ganz geheuer vor. Der damalige Stadtarchitekt Wendel berichtet, dass er mit Saskia Hüneke 1988 die Skulpturenreste des Stadtschlosses in der ehemaligen Gärtnerlehranstalt am Wildpark besichtigt habe, um Originalteile auszuwählen, die in den Theaterneubau integriert werden sollten. 41 Vorschläge und Entwürfe habe es gegeben, der DDR-Kulturminister und damals bedeutende Künstler waren am Ende eingeschaltet. Alles vergeblich. Der Erberat der DDR unter dem Vorsitz Erich Honeckers entschied im Februar 1989, dass der nüchterne Entwurf des Bau- und Montagekombinats Ost praktisch umzusetzen sei. Erst die schwer erkämpfte Entscheidung nach der Wende stoppte diese verhängnisvolle Entwicklung.

„Es wäre leichtfertig gewesen, die Struktur dieses Platzes aufzugeben“, sagt Gramlich heute. Diese Überzeugung habe er, wie Hüneke bestätigt, auch gehabt, als im März 1991 die Stadtverordnetenversammlung den Abriss beschloss. Aber noch heute gibt es Stimmen, welche diesen Beschluss dafür verantwortlich machen, dass die Philharmonie und das Drei-Sparten-Theater gestorben sind. Gramlich berichtet von dem drohenden Slogan der Abrissgegner: „Wenn dieses Theater stirbt, stirbt auch diese Stadt.“ Zum Glück sei es anders gekommen, wozu auch die „Standhaftigkeit der Theaterleute in der Blechbüchse“, dem mehr als zehnjährigen Bühnenprovisorium, beigetragen hätten.

Günter Schenke

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