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Zwei Tagungen für Kulturmanager im Zeichen veränderter Grenzen

Zwei Tagungen für Kulturmanager im Zeichen veränderter Grenzen Auf den ersten Blick eine gewöhnlich Szenerie in Potsdam: Ein junger Mann führt bei Sonnenschein eine junge Frau durch seine Heimatstadt, erläutert ihre Sehenswürdigkeiten. Nur: Der jungen Frau, die nichts sehen kann, werden nicht die hiesigen Attraktionen beschrieben, sondern die eines österreichischen Dorfs. Da die aus Lettland stammende Frau nicht dauerhaft erblindet ist, sondern lediglich die Augen verbunden hat, wird schnell klar: Es handelt sich um einen Versuch. Einen Versuch, bei dem die Grenzen menschlicher Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Die beiden Probanden – sie werden später die Rollen tauschen – sind angehende Kulturmanager und Teilnehmer der von Studenten aus ganz Europa organisierten Konferenz „Tampering with Boundaries“. Bereits zum zweiten mal organisierten Studenten, nun unter der Federführung ihrer Kommilitonen von der Potsdamer Fachhochschule, in Eigenregie eine inhaltlich unabhängige Konferenz parallel zur Jahrestagung des European Network of Cultural Administration Training Centres (encatc), die in diesem Jahr in Potsdam stattfand. Jürgen Rendl, der bereits angeführte österreichische Student, hat seine heimatlichen Grenzen längst überschritten und studiert in Bratislava Kunst- und Theatermanagement. Nach Potsdam ist er gekommen, um Leute seiner Fachrichtung und die Rahmenbedingungen des Kulturbetriebs in anderen Teilen Europas kennen zu lernen. So hofft er, die „die Phrase Kulturmanagement“ für sich mit etwas mehr Leben füllen zu können. Anna Lange, Studentin der Kulturarbeit an der FH Potsdam und Mitorganisatorin der Konferenz sieht im Paradigma Grenze nicht nur negative Implikationen, sondern durchaus auch den Respekt dem Anderen gegenüber. Dennoch sind Grenzen für sie natürlich auch zum Durchbrechen da. Die Plan- und Rollenspiele der Studenten dienten dabei dazu, in der Auslotung der Stadtgrenzen auch an die eigenen Wahrnehmungsgrenzen zu geraten und dabei Strategien zu entwickeln, diese zu erfahren. Dabei stellen sich Fragen nach der Grenze als etwas Linearem oder eher Räumlichem. Ebenso, ob das Überschreiten von Grenzen als eine mögliche Definition von Fortschritt dienen kann. Um die Funktion, die dabei dem Kulturmanagement zukommen kann, ging es bei der Konferenz „Cultural Management and the Question of Values in a Shifting Landscape“. Die Kulturmanager, so Hermann Voesgen, Professor des Studiengangs an der FH Potsdam, sollen im Idealfall Ideen entwickeln, nach Partnern für Projekte suchen und so dazu beitragen, dass kulturelle Aktivitäten ermöglicht werden. Da es dabei natürlich nicht zuletzt um die Schaffung finanzieller Rahmenbedingung geht, wird unter anderem die Frage aufgeworfen, ob nicht die viel beschworene Autonomie der Kunst gegenüber dem Markt ins Hintertreffen gerät. Die Verbindung kultureller Äußerungen mit wirtschaftlichen Strukturen ist nicht nur Gegenstand heftiger Kontroversen, sondern bereits seit langem Realität. „Die Zeiten, in denen Geld im Überfluss da war ist eben vorbei“, so Voesgen. Wirtschaftliche Engpässe hätten eine härtere Vorauswahl zur Folge. Damit rücke die Suche nach den Werten in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Erörterung und kritische Hinterfragung dieser Werte hatte sich die Konferenz auf die Fahnen geschrieben. Dabei wurde der Bolognaprozess ebenso wie der Umgang mit der Gefahr „Kunstmanagement ohne Kunst“ zu betreiben diskutiert. Räume für Dialoge soll Kultur ermöglichen – so sieht es Voesgen. Die Tatsache, dass Publikumsresonanz dafür eine notwendige Bedingung ist und die Erzeugung einer breiten Öffentlichkeit wieder mit den wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen zusammenhängt, zeigt, wie nötig die selbstkritische Diskussion ist. Moritz Reininghaus

Moritz Reininghaus

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