MEINE Woche: Griebnitzsee
Vor einigen Jahren bin ich noch jede Woche nach Babelsberg in die Zweigstelle der Städtischen Musikschule gefahren, zum Jazzpiano-Unterricht. Manchmal hatte ich vor der Klavierstunde noch ein bisschen Zeit.
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Vor einigen Jahren bin ich noch jede Woche nach Babelsberg in die Zweigstelle der Städtischen Musikschule gefahren, zum Jazzpiano-Unterricht. Manchmal hatte ich vor der Klavierstunde noch ein bisschen Zeit. Die nutzte ich dann, um am Griebnitzsee ein bisschen den Kopf frei zu kriegen. Ich weiß noch, wie mir beim Spazieren am Wasser oft meine Freunde begegnet sind, oder Eltern mit ihren kleinen Kindern, und ältere Menschen, die einfach nur die Schönheit und ihren Tag genießen wollten. Das konnten sie auch. Letzte Woche dann in der Zeitung: „Neue Mauern am Uferweg“, und „Sperrgebiet am Griebnitzsee“ und so weiter. Am Dienstag sah ich dann auf Potsdam TV, wie die Eigentümer der Ufergrundstücke ihre Bagger angesetzt haben. Noch am gleichen Tag war der Weg einfach weg. Mein Entsetzen darüber ist nicht in Worte zu fassen. Was man mit unserem Uferweg gemacht hat, wollte ich nach der Arbeit mit eigenen Augen sehen. Aber dann habe ich mich nicht getraut. Vielleicht war es ein bisschen die Angst, feststellen zu müssen, dass acht Leute einen (kleinen) Teil meines Lebens weggebaggert haben. Zu viele Fehler sind passiert. Der größte ist der von vor knapp 20 Jahren, als die Regierung dachte, man dürfe öffentliches Eigentum einfach zum Spottpreis verscherbeln, um sich die eigene Tasche aufzufüllen. Und der Uferweg ist ja nur die Spitze des Eisberges: Wie viele Schulen, Fabriken, Verwaltungen und sogar ganze Gewässer wurden verkauft, damit Einzelne ordentlich profitieren können – und alle anderen verlieren? Zu viele, meines Erachtens. Eigentum soll der Allgemeinheit dienen. Lange dachte ich, dass das keine Floskel ist. Diese Woche wurde ich erbarmungslos desillusioniert.
Denis Newiak ist 20 Jahre alt und arbeitet freischaffend in Potsdam.
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